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Ochsenbach im Süden von Heidelberg


Aktuelle Informationen zum Kulturgeschehen

 

Literarische Spätlese in Eichendorff-Buchhandlung Rohrbach

„Ansichten, Einsichten, Weltsichten“ / Zu einer Literarischen Spätlese am 24.5.2006, 20 Uhr lädt die Eichendorff-Buchhandlung in der Karlsruher Str. 50, Heidelberg-Rohrbach.

Der Heidelberger Künstler Bodo Bremer liest aus seinem neuesten Buch:Über ein Jahr lang übte sich der Heidelberge Kunstmaler Bodo Bremer als „Kartograph meiner kleinen mich umgebenden Weltgefühle“, machte Fotos von Motiven in und um Heidelberg und überarbeitete diese dann mit Farben und Texten in seinem Atelier. So ist ein sehr persönliches Tagebuch von Ansichten, Einsichten und Weltsichten entstanden, ein Versuch, die Eindrücke und Spuren, die jeder dieser Augenblicke im Künstler hinterlassen hat, vor dem Verschwinden ins Nirgendwo zu bewahren.  Zugleich aber hat Bodo Bremer damit ein neues, sehr eigenwilliges Heidelberg-Buch geschaffen, das er uns an diesem Abend vorstellen wird.
Der Eintritt ist frei, für Getränke (div. „Spätlesen“) ist gesorgt.

Das vorgestellte Buch
Ansichten, Einsichten und Weltsichten
von Bodo Bremer ist erschienen in der Edition Braus im Wachter Verlag 2005, ISBN 3-89904-197-6 für € 29,90 und wird am Abend vom Künstler handsigniert.

 

Laden für Kultur und Politik abends noch zeitweise frei


Der Laden für Kultur und Politik



http://www.laden-k-p-hd.de/  ist eine non-profit-Einrichtung mit Räumen für Seminare, Vorträge, Lesungen, Ausstellungen und andere Veranstaltungen.
Die Räume sind zwar tagsüber ausgelastet, abends jedoch nicht. Wir hoffen, dass diese "Werbung" dazu beitragen kann, den Laden für Kultur und Politik bekannter zu machen und für eine gleichmäßigere Belegung sorgen und damit die Unkostenbeiträge zu senken.
Mit freundlichen Grüßen,
Arnulf Lorentz, 25.2.2003

 

Bürger für Heidelberg wird 30

"Bürger für Heidelberg" sind damit die am längsten bestehende Bürger-Organisation der Bundesrepublik - Einmischen in die Stadtpolitik

 

Eine Geburtstagsfeier der besonderen Art: Die am längsten bestehende Bürger-Organisation Deutschlands, die "Bürger für Heidelberg", wurde 30 Jahre alt. Es freuten sich die Aktiven Albertus Bujard, Michael Herdes, Herta Plieninger, Inge Klinger, Philine Bujard, Robert Bechtel, Sabine Erpf und Hermann Lehmann (von links).

Foto: Kresin

 

Sie sind "Querdenker" in ihrer reinsten Form, und dennoch kann sich die Stadt glücklich schätzen, die "Bürger für Heidelberg" in ihren Mauern zu haben. 30 Jahre ist der gemeinnützige Verein nun alt und hat sich zur am längsten bestehenden Bürger-Organisation der Bundesrepublik gemausert. Zwischenzeitlich sogar hoch "dekoriert": Vor genau zehn Jahren nämlich wurde den "Bürgern für Heidelberg" der Deutsche Preis für Denkmalschutz verliehen.

Das war der Initiative 1972 nicht an der Wiege gesungen. Sich in die Stadtpolitik einzumischen hatte sich das Häufchen Unentwegter vorgenommen. Und das ist wohl auch mit schönem Erfolg gelungen. Grund zum Feiern also. Deshalb hatten die "Bürger für Heidelberg" ihren Freundeskreis in das Schmitthenner-Haus eingeladen. Trotz des "jugendlichen Alters" von 30 Jahren wünschte Kulturamtsleiter und Mitglied Hans-Martin Mumm auch für die nächsten 30 Jahre noch frischen Mut und Kraft zum jugendlichen Aufbegehren. Er freute sich, dass sich der Verein ganz dem Leitgedanken "Suchet der Stadt Bestes" verschrieben habe.

Clemens Zimmermann, Professor für Kultur- und Mediengeschichte in Saarbrücken, ist ein langjähriger Freund und Weggefährte der "Bürger für Heidelberg". Deshalb wurde er auch zum Laudator gekürt. Entstanden, so Zimmermann, sei der gemeinnützige Verein als Reaktion auf die offizielle Stadtpolitik, die damals rücksichtslos mit Verkehrsschneisen und großräumigem Abriss in das Stadtbild Heidelbergs eingreifen wollte. Schon seit der Gründergeneration aber war nicht nur die Skepsis bei den "Bürgern für Heidelberg" gegenüber solchem Tun weit verbreitet, sondern auch der Wille, mit Sachverstand und Argumenten gegen die Missstände anzugehen. "Die Gründung geschah in einer Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs", betonte Zimmermann. Der "Muff der Adenauerrepublik" hatte sich gerade ein bisschen verzogen, doch die dabei entstandene Gegenkultur begann sich bereits wieder dogmatisch zu verkrusten.

Das Anliegen der "Bürger für Heidelberg", mehr Demokratie auch in der Kommunalpolitik zu wagen, erfreute sich zunächst nicht gerade großer Beliebtheit. "Die Ansätze von Gegenöffentlichkeit wurden brutal unterdrückt", erinnerte sich Zimmermann. Voller Planungseuphorie und Selbstgefälligkeit habe sich damals die Stadtspitze daran gemacht, dem Fortschritt freie Bahn zu brechen. Da waren die Bewegungsspielräume für eine solche Bürgerinitiative natürlich erst einmal gering. Zumal die mit dem Vorsatz antrat, sich nicht zum Vertreter kleinteiliger Interessen zu machen, sondern stets das Wohl der Gesamtstadt im Blick zu haben. Völliges Neuland betraten die Bürger bei ihrem Engagement in Sachen Altstadtsanierung. Dass in Heidelberg vieles im Argen lag, war zwar allen klar, doch dass das im Einklang mit den Bedürfnissen der Bewohner geschehen muss, diese Einsicht besaß damals noch Seltenheitswert. Der Schutz historischer Bausubstanz war lange noch nicht konsensfähig. Dabei war die Devise der "Bürger für Heidelberg" eigentlich einleuchtend, die Stadt sollte ihre Schönheit und Unverwechselbarkeit behalten. In den letzten Jahren indes habe sich die harte Frontstellung aufgelöst, in der Stadtspitze um Beate Weber sei man auf kooperative Ansprechpartner gestoßen.
"Am Anfang standen unsere Bedenken gegen den Ausbau des Neckarstaden auf drei bis vier Fahrspuren", berichtete Gründungsmitglied Philine Bujard in ihrem Beitrag. Durch eigene Verkehrszählungen gelang es damals, die falschen Berechnungen zu entlarven. Dann ging es um den Flächenabriss der Häuser auf dem Areal, wo sich heute das Darmstädter Hof Centrum befindet. Kaum vorstellbar, dass dort ein 13-stöckiges Hochhaus stehen würde, wenn die Bürger nicht rechtzeitig aufgewacht wären. Hohe Wellen schlug auch der Abriss des denkmalgeschützten Prinz Carl, eines ehemaligen Hotels. Dies vor allem deshalb, weil die Stadtspitze eine Zeit lang mit dem Gedanken spielte, den Platz völlig leer zu lassen. Ohnmächtig zusehen mussten die Bürger indes, als in der Plöck alte Häuser einem Parkhaus weichen mussten und als Mitte der 70er Jahre die Straßenbahn aus der Hauptstraße verschwand. Von Erfolg gekrönt war aber das Engagement für das Amerikahaus, das sich die Deutsche Bank "einverleiben" wollte. Heute befindet sich dort das sanierte Deutsch-Amerikanische Institut .

Nichtdestotrotz, der Stoff geht den emsigen Bürgern nicht aus. Das Alte Hallenbad empfinden sie noch immer als eine schwärende Wunde, und die Straßenbahn ins Neuenheimer Feld ist auch noch nicht gebaut. In den letzten Jahren hat die Organisation vor allem mit ihrem Engagement für den König-stuhltunnel und der Ablehnung der Röhre am Neckarufer auf sich aufmerksam gemacht. In nächster Zeit, so kündigte Philine Bujard an, will sich die 30-jährige Initiative mit den Mobilfunkantennen befassen.

Von Kirsten Baumbusch , RNZ vom 18.9.2002

 

 

 

Thingstätte: Der Kult zum 1. Mai hat seinen Zenit überschritten
BUND beseitigte Berge von Müll

 

 

 

 

 

Was übrig bleibt, ist Müll: Helfer des BUND brachten es gestern fertig, die Hälfte der Thingstätte wieder zu säubern. Den Rest übernehmen die Heidelberger Dienste. Foto: Welker

"Die Wegwerfgesellschaft hat ihrem Namen alle Ehre gemacht", sind die Aktivisten vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) ernüchtert. Wie seit Jahren verwandelte die Massenversammlung zu Walpurgis den Heiligen- in einen Müllberg. Eine Plakataktion des BUND sollte auf die seit Jahren anhaltende Problematik hinweisen. Doch jetzt erkennt die Organisation: "Unsere Anti-Müll-Kampagne war nicht so erfolgreich."

Das Problem ist ebenso bekannt wie ausweglos: 14 000 Menschen auf einem Flecken produzieren Müll. Daran scheint kein Weg vorbeizugehen. Ausreden, entsprechende Behälter seien auf der Thingstätte nicht vorhanden, also könne der mitgebrachte Müll auch nicht entsorgt werden, fußen nicht. Erstens kann jede Flasche, Tüte und Dose im gleichen Rucksack wieder mit ins Tal genommen werden, in dem sie auch nach oben kamen. Einige, aber mit Sicherheit nicht alle Besucher taten dies auch. Zweitens hatte der BUND in diesem Jahr drei Container und 50 große Mülltonnen aufgestellt.

Dass diese kaum genutzt wurden, hat zwei Gründe. Erstens waren die Tonnen in der Dunkelheit nicht zu sehen. Obgleich Brigitte Heinz, BUND-Geschäftsführerin, anmerkt, die Behälter seien an allen Eingängen und Zugangswegen aufgestellt gewesen. Zweitens liegt es an der Menschenmasse selbst, "die eine Eigendynamik entwickelt, in der niemand mehr nach rechts und links schaut", so Heinz. Sie hatte in der Nacht beobachtet: "Wo mal Müll liegt, wird noch welcher dazugeworfen". Der BUND ist entsprechend ratlos.

Zehn freiwillige BUND-Mitglieder sammelten denn schon am Maifeiertag das Liegengebliebene wieder ein: Zwölf Kubikmeter Müll, laut BUND zu 90 Prozent Dosen und Einwegflaschen. Sechs Stunden benötigten die Freiwilligen, um bis gestern die Hälfte der Thingstätte zu säubern. Den Rest werden die Heidelberger Dienste übernehmen.

Enttäuscht äußerte sich der BUND, dass die Künstlergruppe der Pyromania-Arts nicht wie angekündigt zum Aufräumen kam. Boris Hiesserer von Pyromania-Arts merkt dazu an, die Mitglieder der Gruppe hätten vor dem Verlassen der Thingstätte am frühen Morgen Rucksäcke und Mülltüten gefüllt und Müll mit nach unten genommen.

Waren 14 000 Menschen einfach zu viel für die Thingstätte? "Das waren ja nicht 14 000 auf einmal", sagt der Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung, Heiner Bernhard, der in der Nacht zum Mai selbst auf dem Berg war, "sondern da gab es ein ständiges Kommen und Gehen, so dass in der Arena selbst nie mehr als maximal 10 000 waren." Bernhard ist der Ansicht, dass "die Sache bereits ihren Zenit überschritten hat": der "Kult" zu Walpurgis auf der Thingstätte werde sich allmählich von selbst erledigen, da "dort oben ja eigentlich gar nichts los ist". Im Übrigen "gibt es keinen Grund, das Ganze nicht so zu lassen wie jetzt, denn schließlich passiert ja nichts Schlimmes". Bewährt habe sich, dass man bereits ab dem 29. April verboten habe, mit dem Auto auf die Thingstätte zu fahren: "So gab es keine rollenden Alkohol-Depots mehr, und jeder musste mit hoch schleppen, was er konsumieren wollte".

RNZ vom 3.5.2002. Mehr unter www.rnz.de

 

Kulturfenster: Wenn das Spielen wichtiger als Fernsehen ist

Kulturpädagogische Angebote verbinden Bildung und Spaß
Von Holger Buchwald

Penne, pauken, Schulbank drücken - viele negative Bezeichnungen ranken sich rund um die Themen Lernen und Bildung. Worte, die Frust ausdrücken. Doch Bildung und Spaß schließen sich nicht aus, bedingen sich sogar, meint Jörg Rad vom Kulturfenster. Als Beispiel nennt er die kulturpädagogischen Angebote des Heidelberger Spielmobils. Nicht nur Spielzeug wird bereitgestellt, sondern die Kleinen sollen sich ein komplexes Thema spielerisch aneignen, musische, kreative und handwerkliche Fähigkeiten üben. Das ist das Konzept der kulturellen Bildung. Es geht darum, dass Kinder die Welt kindgerecht erfahren, indem sie in Rollen schlüpfen.

Einrichtungen wie das Heidelberger Kulturfenster geben die nötige Hilfestellung. "Wir inszenieren Spielräume", sagt Rad zu dem Konzept. Wie das funktioniert, zeigt das Beispiel Spielmobil, ein Angebot des Kulturfensters für Kinder von sechs bis zwölf Jahren. Mit einem roten Transporter fahren Pädagogen des Kulturfensters auf Heidelberger Spielplätze und Schulhöfe. Dort bleiben sie vier bis fünf Tage und führen immer nachmittags eine Spielaktion durch. Eine der Betreuerinnen, Ulla Werner, erklärt das System: "Wir versuchen den Kindern nicht etwas reinzudrücken, sondern bieten ihnen nur etwas an." Die Aktionen haben immer ein Thema. Jüngst war der "Mitmachzirkus Rosi Rüssel" in Wieblingen, Spielplatz Im Hostig.

Bei der Aktion "Die spinnen, die Römer" geht die Zeitreise mit dem Spielmobil ins antike Rom. Die Kinder hüllen sich in Tuniken, schlüpfen in die Rolle von Schustern, die Sandalen herstellen, oder halten als Legionäre militärische Übungen ab. Schauspieler inszenieren in einem Theater Geschichten aus der römischen Sagenwelt, und Kunsthandwerker setzen Mosaike zusammen. Die Rahmengeschichte, in welche die Aktion eingebettet ist, erstreckt sich über vier bis fünf Tage. Denn die Mini-Römer haben ein Ziel: endlich Gallien erobern. Doch damit das gelingt, benötigen die tapferen Legionäre einen Zaubertrank. Alle Kinder müssen zusammenarbeiten, um genügend Perlen zu sammeln. Denn nur so kann die Hohepriesterin bezahlt, das Orakel befragt werden ...

Auf den ersten Blick erscheint die Aktion wie ein aufwendiges Spiel. Aber dahinter steckt mehr, wie Jörg Rad erklärt. Die kleinen Schuster im Mini-Rom erlernen handwerkliche Fähigkeiten, die Schauspieler müssen sich mit der römischen Mythologie auseinander setzen und ihr erworbenes Wissen anderen Kindern vermitteln. Vor allem aber wird die soziale Kompetenz der Kleinen gesteigert. Und noch einen Effekt haben die Spielaktionen des Spielmobils. Die Kinder lernen, selbstbewusst aufzutreten. Nach der Galavorstellung am letzten Tag des " Mitmachzirkusses" sind die Sechs- bis Zwölfjährigen stolz wie Oskar, wenn die Eltern und anderen Kinder Beifall klatschen.

Manche fremdsprachigen Kinder sprechen sogar nach den Spielaktionen besseres Deutsch. Schließlich müssen sie sich mit ihren Kameraden verständigen, nur so können sie mitspielen. Ist es nicht manchmal schwierig, die Kinder zum Mitmachen zu bewegen? Ulla Werner und Jörg Rad verneinen diese Frage. Nach dem ersten Tag der einzelnen Aktionen wirke die Mund-zu-Mund-Propaganda der Kinder. "Und wenn die Kinder erst einmal in Aktion sind, sind sie nicht mehr zu bremsen", meint Ulla Werner: "Dann ist das Spiel wichtiger als Fernsehen." Die Spielaktionen im Freien fördern die Motorik der Kinder. Und dieser Aspekt ist für Jörg Rad besonders wichtig: Es gebe einen entwicklungspsychologischen Zusammenhang zwischen Motorik und geistiger Fitness bzw. Intelligenz.

Rads Anregung: "Die Schule muss sich in Bewegung setzen, dann haben wir auch intelligentere Kinder." Das Spielmobil scheint bei den Kindern und ihren Eltern einen durchschlagenden Erfolg zu haben. Und die kulturpädagogischen Angebote kommen auch im Zusammenhang mit der aktuellen Bildungsdiskussion immer mehr in Mode. Der elfte Kinder- und Jugendhilfebericht des Bundes, der Anfang des Jahres herauskam, forderte, dass Schulen und die Jugendarbeit verstärkt zusammenarbeiten sollten. "Früher mussten wir unser Angebot regelrecht an den Schulen verkaufen, heute kommen die Schulen auf uns zu", erzählt Rad. Und mittlerweile sei es dem Kulturfenster gelungen, alle Stadtteile und Grundschulen Heidelbergs zu erreichen.

Während die Öffnung der Grund- und Hauptschulen gegenüber kulturpädagogischen Angeboten schon stattgefunden hat, sträuben sich die Gymnasien bisher noch gegen diese Entwicklung. Und gerade hier greift eine oft gehörte Kritik an diesem Schultyp: Die Gymnasien verweigerten sich einem lebensweltlichen Bezug. "Der Übergang vom spielerischen Lernen zum drögen Pauken", meint Rad, "ist für manche Kinder ziemlich hart."

INFO: Das Spielmobil ist mit seiner Römeraktion vom 22. bis 25. April 2002, jeweils von 14.30 Uhr bis 17.30 Uhr, an der Kurpfalzschule in Kirchheim. Im Sommer findet vom 29. Juli bis 9. August die große Ferien-Aktion "Heidel York" statt. Anmeldestart ist am Mittwoch, 24. April 2002.
Mehr Informationen unter www.kulturfenster.de.

RNZ vom 17.4.2002, Holger Buchwald, mehr unter www.rnz.de

 

Mini-Trauerweide im Heidelberger Schloss

Die Stadt Heidelberg hat jetzt einen so genannten Ersatz für die im letzten Jahr gefällte prächtige Trauerweide in einem Kübel aufgestellt


Ein Vergleich drängt sich auf: die prachtvolle alte Trauerweide vor dem Bibliotheksbau im Schlossinnenhof mit dem jetzigen "Bonsai-Ersatz" im Sandsteinkübel. Ob diese Lösung den Leuten gefällt, ist anzuzweifeln. Fotos: Archiv/Alex

Mit einigen dürren Worten informierte gestern die Stadt Heidelberg, dass im Schlossinnenhof als Ersatz für die im vergangenen Jahr gefällte Trauerweide "eine neue Weide aufgestellt wurde". Dies geschah auf Anfrage der RNZ, die aus der Leserschaft darüber informiert wurde, dass die von der Stadt versprochene Ersatzpflanzung endlich vorgenommen sei. Seinen Weitwinkel brauchte der RNZ-Fotograf aber nicht auszupacken, denn in einem Sandsteinkübel reckte sich ihm am alten Platz lediglich ein kleines zartes Bäumchen entgegen.

Die Leser der RNZ werden sich erinnern, dass Ende Februar 2001 in einer "Nacht- und Nebelaktion" der prächtige Baum gefällt wurde. Er musste der neuen Tribüne, die zu den Schlossfestspielen aufgestellt wird, weichen.

"Mordfall Trauerweide" wurde einer der vielen Artikel in der RNZ überschrieben. Er spiegelt die Empörung wider, der zahlreiche Heidelberger Bürger auf die verschiedenste Art Ausdruck gaben. Ganz besonders engagierte sich der in Heidelberg lebende und malende griechische Künstler Wassili Lepanto für die Neupflanzung der Weide. Er sammelte über 11 000 Unterschriften, die im April letzten Jahres an die Stadt übergeben wurden. Sie forderten die Wiederherstellung des gewohnten, ja von vielen sogar geliebten Anblickes. Das wird mit dem aktuellen Ergebnis nicht möglich sein.

Die Trauerweide wurde von einer Mitstreiterin Lepantos sogar als "öffentliches Eigentum" gepriesen, dessen man sich beraubt sehe. Und ganz aktuell fordert Lepanto angesichts des traurigen Ersatzes: "Wir beanspruchen, was uns zu Unrecht genommen wurde". Er spielt damit auf "die Raumdekoration" an, als die er die "Trauerweide in einem Kübel" ansieht. Und in Anspielung auf den Intendantenwunsch zur Entfernung des Baumes meint er: "Wir sehen nicht ein, warum der Wille eines einzigen Bürgers viel mehr beachtet wurde, als der berechtigte Wunsch und das Bedürfnis tausender Menschen". Nun sind die Tausende ja leider vorher nicht gefragt worden, sonst hätte man sich in den "oberen Etagen" eventuell noch eine andere Lösung überlegt. Aber da nun mal der Baum sozusagen in den Brunnen gefallen ist, hat die von der Reaktion der Öffentlichkeit damals sehr überraschte Stadtverwaltung nun die vielleicht schlechteste aller Lösungen geboren.

Ursprünglich war ein anderer Ersatzstandort für die Weide "angedacht" worden. Zuerst im Schlosspark, dann doch im Hof, allerdings nicht an der selben Stelle, wie Oberbürgermeisterin Beate Weber gegenüber der RNZ im Mai 2001 äußerte: .. .vielleicht etwas um die Ecke nach rechts herum, versetzt gepflanzt" . Dies konnte, so steht es in der aktuellen Pressemitteilung der Stadt "aufgrund vorhandener Leitungstrassen" nicht realisiert werden. Zusätzlich, so wird informiert, wurde jetzt im Schlossgarten am oberen Fürstenbrunnen als Ersatz eine Trauerweide eingepflanzt. Es ist anzunehmen, dass der neue Baum aber auch deshalb im Kübel steht, damit er bei den Schlossfestspielen dem Geschehen besser weichen kann. Ganz praktisch gedacht, wird sie in dem kleinen Topf auch nicht wesentlich größer werden.

Von Karla Sommer , RNZ vom 14.3.2002, www.rnz.de 

 

 

Nachtschicht: Bro'Sis-Star am 4.3.2002 bei The Heat in der Musikfabrik

Von den Fans umgeben: "Bro'Sis"-Star Shaham gab sich am Montagabend in der Musikfabrik "Nachtschicht" die Ehre und trat mit "The Heat" auf. Foto: Lutz

Markus Sprengler höhnt: "Er hat mit seiner Band Millionen Platten verkauft. Aber wer ist er?" Zwar nimmt dem Mannheimer Rock-Pop-Beauftragten niemand ernsthaft ab, er würde Bro'Sis nicht kennen. Der Stimmung tut der freche Kommentar aber gut. Denn wer Enthusiasmus und verzücktes Geschreie erwartet hat, der wird enttäuscht. Schlimmer noch: Viele Gäste der Musikfabrik Nachtschicht wissen am Montag gar nicht, dass der Star der Gruppe Bro'Sis, Shaham, überraschend auftreten wird. "Was, Bro'Sis? Des iss mir egal, isch komm immer mondags her", zeigt sich ein junger Mann unbeeindruckt.

Seit einigen Wochen spielt immer am ersten Montag in Monat "The Heat" in der Heidelberger Disco: gut gemachte Cover-Songs quer durch die Hitparaden. Alles, was ins Bein geht, ist erlaubt. Als besondere Leckerbissen lädt sich die Combo immer mal wieder Stars und Sternchen der regionalen und überregionalen Szene ein. Diesmal: ein Sternchen, das aus Wiesloch kommt. Denn selbst wenn Shaham für RTL 2-Popstars und den dümpelnden deutschen Plattenmarkt in die Klon-Band Bro'Sis gecastet wurde und momentan mit "Never forget" auf Platz eins der Charts steht sowie dank medienwirksamer Promotion gut Platten verkauft: ein richtiger Star ist er nicht. Und dass er aus Wiesloch kommt, erzählt er auch nicht so gerne, warum auch immer. "Never forget where you come from", singen Bro'Sis schließlich: Vergiss nie, wo du herkommst. Soviel dazu.

Der 24-Jährige ist auch deshalb kein Star, weil er neben den Musikern von "The Heat" nicht weiter auffällt. Mal im Hintergrund mit swingend, mal als Frontman für "Electric Avenue" oder "I got five on it", zeigt Shaham, dass er singen und rappen kann - wie die anderen eben auch. Was also sagen die Fans, die sich in der Pause vorm Backstage-Bereich tummeln und sich gerne an den Bodyguards vorbei mogeln würden? Shaham sei so echt und publikumsnah - wenn nur die Leibwächter nicht wären. Zwei andere Mädels wehren ab. Sie seien nur von der Klasse vorgeschickt worden, Autogramme zu besorgen; die 18-Jährigen schämen sich ein wenig. Im Backstage-Bereich selbst, hinter Bodyguards in Anzug und mit Stöpsel im Ohr, vorbei an erstaunt-beleidigten Mädchen, treffen wir den Wieslocher, der sich an Caro kuschelt.

Caro ist nicht etwa seine Freundin: "Ich habe keine Freundin", sagt er und schaut verlegen zur Seite. Caro ist vielmehr Shahams Piercerin. Zunge und Brust hat sie ihm durchstochen. Vor vier Jahren, erzählt Caro, als Shaham noch kein Sternchen war. Noch mehr als auf die Piercings, so ist zu vernehmen, stehen die Mädels aber auf Shahams Tätowierungen: chinesische Schriftzeichen als Tattoos entlang der Wirbelsäule, die schon ausgiebig bei RTL 2 zu bestaunen waren. Die hat Caros Mann gemacht, erfahren wir. Viel spannender ist es da schon, im Tanzschuppen das Publikum zu beobachten.
Da gibt es Mädchen, die auf einem Podest tanzend in engen Klamotten ihre Reize zur Schau stellen, nur mit einigen Schnüren am Rücken zusammengehaltenen Oberteilen: sexy und schick, wenn man's mag. Dafür haben einige Jungs ihr bestes Hemd für den Abend aufgebügelt, das jetzt in der Hose steckt und unschwer den Betriebswirtschafts- oder Jurastudenten erkennen lässt. Denen wallt dafür beim Anblick der tanzenden Mädels so richtig das Blut. Und wenn die Band Reggae spielt, dann kommen die Lederslipper in Bewegung: "Could you be loved?" Diejenigen jedoch, die auf Shahams Tanzkollegen von Bro'Sis warten, werden enttäuscht an diesem Abend. Kurzzeitig wird sogar gemunkelt, die No Angels sollten kommen. Super - aber auch kein Grund, länger zu bleiben.
Von Alexander R. Wenisch , RNZ vom 7.3.2002, www.rnz.de

 

Culterra - Ein Verein für Kultur und Lebenskunst gibt nicht auf

Nach öffentlichen Veranstaltungen von "Culterra" am Philosophenweg: Projekt nicht mehr geduldet
- Demo und Infoveranstaltung geplant

Keine Genehmigung für Open-air-Veranstaltungen am Philosophenweg Aber der Verein "Culterra" und sein Vorsitzender Dr. Hans-Joachim Petzold geben nicht auf. Foto: Alex

Kaz. Unter der Überschrift "Rauswachsen aus der biederen Bürgerlichkeit" berichtete die RNZ jüngst über eine Arbeitsgruppe, die der Verwaltung - salopp gesagt - ein bisschen auf die Sprünge helfen will. Im Rathaus überreichte die Gruppe eine Schrift mit Gedanken, Anregungen und Entwürfen für das künftige kulturelle Leben in Heidelberg.

Angeregt werden dort unter anderem "Freiluftveranstaltungen auf Straßen, Plätzen und in Parks". Generell fordern die Unterzeichner, die zumeist selbst an der Spitze kultureller Einrichtungen stehen, von der Stadt eine "Ermöglichungspolitik". Von dieser scheint man in Heidelberg allerdings weit entfernt zu sein, wenn es darum geht, die Aktivitäten des Vereins "Culterra" zu unterstützen. In dessen Namen fanden im vergangenen Jahr bei auf etwa achtzig Personen beschränkter Teilnehmerzahl drei Veranstaltungen in einem herrlich gelegenen Gartengelände am Philosophenweg statt.

Die Gäste waren vom Ambiente begeistert. Die Stadt schien dem Projekt wohlwollend gegenüberzustehen. Bürokratische Hürden bezüglich der Genehmigung öffentlicher Veranstaltungen in dem Privatgelände am Philosophenweg würden nach provisorischer "Duldung" überwindbar sein - so hatte es den Anschein.

Bis zu dem Tag, an dem die Verwaltung das Regierungspräsidium Karlsruhe einschaltete, weil ein Nachbar Klage wegen angeblicher Lärmbelästigung erhoben hatte. Von der Aufsichtsbehörde kam bezüglich weiterer Veranstaltungen ein klares Nein mit Hinweis auf den "Nutzungscharakter" des Gebiets. Für "Culterra" als Verein für Kultur, Politik und Lebenskunst bedeutet dies: Auf dem Philosophenweg geht - zumindest öffentlich - vorerst nichts mehr. Dabei waren
ohnehin nur maximal fünf Veranstaltungen pro Jahr vorgesehen gewesen. Die Stadtverwaltung bedauerte diese Entscheidung zwar in einer Stellungnahme in der Presse, machte bisher aber keine Anstalten, irgendwie dagegen vorzugehen. Laut Erstem Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg könnte der Verein gegen das Regierungspräsidium klagen. Auf RNZ-Anfrage nannte er im Übrigen nur eine Möglichkeit, für den Philosophenweg eine Nutzungsänderung herbeizuführen - nämlich durch Erstellung eines Bebauungsplanes für den betreffenden Bereich. Als Vereinsgründer und Grundstückseigentümer hofft Dr. Hans-Joachim Petzold nun darauf, dass sich in dieser Hinsicht was bewegt. Die Unterstützung für kulturelles Engagement "einklagen" zu müssen, erscheint ihm jedenfalls irgendwie absurd.

Der Verein, der bisher nur aus den sieben Gründungsmitglieder besteht, will nach Worten von Dr. Hans-Joachim Petzold jedenfalls in nächster Zeit mit seinem Anliegen noch einmal an die Öffentlichkeit gehen. Beim Foto-Termin vor Ort spricht er von einer "Jazz-Demo", die vom Schloss zum Philosophenweg führen soll und einer Veranstaltung für Stadträte, die voraussichtlich im April stattfindet. Seine Argumentation für das Kulturangebot am Philosophenweg hat auch Bezug zu Bewerbung der Stadt als "Weltkulturerbe". Der Philosophenweg sei neben dem Schloss die Attraktion Heidelbergs, so Petzold. Nur scheine dies im Rathaus niemanden zu interessieren. Wer dort mit offenen Augen entlangschlendere, bekomme verwilderte Grundstücke und bröckelnde Trockenmauern zu sehen. Dagegen beschreibt er das Angebot von "Culterra" als etwas, das die Schönheit des Philosophenwegs unterstreiche. Der Verein wäre sogar bereit, nach der Klage aus der Nachbarschaft bei künftigen Veranstaltungen auf Lautsprecher oder Verstärker zu verzichten. Schließlich sei ja "nichts Lautes" geplant gewesen, sondern eher klassische Konzerte, Lesungen, ökologische Weinproben und ähnliches.

Wie geht's nun weiter? "Wir werden eine Form finden, die im Sommer weitere Veranstaltungen ermöglicht. Aber nur als pragmatische Übergangslösung, an unserem Ziel öffentlicher Veranstaltungen eines gemeinnützigen Vereins halten wir fest", sagt Petzold. Näheres sei demnächst telefonisch unter 06221 453588 oder im Internet unter www.culterra.de zu erfahren.

 

 

 

Heidelbergs Kultur hat einen Schub nötig

Herauswachsen aus der biederen Bürgerlichkeit - Arbeitsgruppe Kulturschaffender stellte "Gedanken - Anregungen - Entwürfe" vor. Von Karin Katzenberger-Ruf

Jugendkultur soll es nach dem Willen einer Gruppe Heidelberger Kulturschaffender in der Thingstätte geben. Foto: RNZ-Archiv/Kresin

Oft besungen, beschrieben und abgebildet wegen seiner landschaftlichen Schönheit, weltbekannt wie sonst keine vergleichbar große Stadt Deutschlands, von großer geistesgeschichtlicher Bedeutung, ist es Heidelberg nach dem Zweiten Weltkrieg doch nicht gelungen, aus seiner bürgerlichen Biederkeit herauszuwachsen. Das soll sich jetzt ändern: Eine Gruppe Kulturschaffender hat große Pläne.

Die "Stadt der Wissenschaft, der Lehre und der Forschung" könne ihre großen Möglichkeiten in einer qualitativ hoch stehenden kulturellen Breite nutzen, stellen die Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft fest, führende Köpfe des kulturellen Lebens in der Stadt, die ihre Schrift jetzt im Rathaus überreichten. "Kultur in Heidelberg-Gedanken, Anregungen und Entwürfe bis 2010" lautet der Titel der Schrift, die Oberbürgermeisterin Beate Weber entgegennahm. Überreicht wurde sie durch eine Gruppe engagierter Bürger, die der Verwaltung und dem Gemeinderat damit eine Entscheidungshilfe für künftige Projekte an die Hand geben will. Dies ohne entsprechenden Auftrag und ehrenamtlich.

Musik- und Kinohauptstadt

Unter anderem die Leiterin der Volkshochschule, Dr. Luitgard Nipp-Stolzenburg, die im Herbst 1999 zu einer "Zukunftswerkstatt" einlud, nachdem in der Stadt eine heftige und nicht gerade glückliche Debatte stattfand, Unterzeichner der Schrift sind neben Nipp-Stolzenburg unter anderem Bernhard Fauser vom Unterwegstheater, Dr. Norbert Fritz und Thorsten Schmidt vom Heidelberger Frühling, Karla Jauregui vom Montpellier-Haus, Rainer Kern und Ingrid Wolschin vom Karlstorbahnhof, Jakob Köllhofer vom DAI und Regine Wolf-Hauschild von der Stadtbücherei. Im Anhang ist in achtzehn Abschnitten "Wichtiges in Kürze" dokumentiert, und dort steht an erster Stelle die Einrichtung eines Kulturrates. Der sollte, wie es heißt, zur Unterstützung der Legislative und Exekutive eingerichtet werden, "weisungsunabhängig" sein und mit überparteilichen Persönlichkeiten besetzt sein, die "sowohl innerhalb als auch außerhalb der Stadt" ermittelt werden sollten.

"Ermöglichungspolitik" heißt das Stichwort für eine Verwaltung, die aufgefordert wird, gewachsene Strukturen immer wieder zu hinterfragen und besonders junge Talente zu fördern. "Regionale Vernetzung" kommunaler Kulturpolitik wird an dritter Stelle gefordert und unmittelbar danach ein Stadtmarketing, das insbesondere kulturell interessierte Gäste anspricht. Das Theater als Talentschmiede? Junge und experimentierfreudige Kandidaten sollten bessere Chancen bekommen. Und da wäre noch der Wunsch, Heidelberg als "Musikstadt" zu etablieren.

Entfaltungsmöglichkeiten sieht man auch auf dem Sektor des zeitgenössischen Tanzes. "Etwa bis 2020" könnte sich die Arbeitsgruppe eine Auslagerung des Kunstvereins in die bis dahin vielleicht bestehende "Bahnstadt" vorstellen, um für Ausstellungen des Kurpfälzischen Museums mehr Raum zu schaffen. Sogar von der Gründung eines Museums der Deutschen Romantik und einem interdisziplinären Universitätsinstitut ist die Rede, das dort seine Bestände aus den Bereichen Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte eingliedern könnte. Derweil könnte der Kunstverein in Nähe des künftigen Kongresszentrums am Hauptbahnhof untergebracht sein, Im nachfolgenden Abschnitt wird an Heidelbergs "hohe literarische Tradition" erinnert, die es zu bewahren und im Stadtbild zu dokumentieren gelte. Im Kapitel "Kulturelle Bildung" sind bestehende Einrichtungen, aber auch wieder die "Bahnstadt" ein Thema. Aber es wird auch eine Renovierung des Saals in der Stadtbücherei gefordert, der für die Gäste "akustisch, klimatisch und optisch nicht mehr tragbar" sei. Verbesserungsvorschläge gibt es in der Schrift für die Kinder-, Jugend- und Soziokultur. Angeregt wird unter anderem ein Jugendkulturfestival an einer attraktiven Stelle - zum Beispiel auf der Thingstätte. Generell stehen Freiluftveranstaltungen auf Straßen, Plätzen und in Parks auf der Wunschliste. Und da wäre noch Heidelberg als "Kinohauptstadt". Unter anderem wird eine verbesserte Ausstattung des gerade in seiner Existenz bedrohten Karlstorbahnhofs angeregt.

"Heidelberg ist mehr als seine denkmalgeschützte Altstadt", heißt es unter dem Kapitel "Architektur". Wie es heißt, sollte die architektonische Neugestaltung auch die Ein- und Ausgänge der Stadt miteinbeziehen. Im nächsten Abschnitt stößt man auf das Wort "Grünentwicklungsplan", der Neckarwiese, Philosophenweg - und in der Verantwortung des Landes - auch den Schlossgarten berücksichtigen könnte. "Stadt und Universität sind aufgefordert, Projekte zu entwickeln, Kooperationen einzugehen und durch den Dialoq das kulturelle Angebot zu ergänzen", heißt es im vorletzten Kapitel.

RNZ vom 15.2.2002

 

 

Ziegelhäuser Hexen auf dem Fasnachtsumzug 12.2.2002

Foto RNZ

"Hexe war' ich gern gewesen,
hätte dann mit meinem Besen
jenen einen Stups gegeben,
die mich ärgerten im Leben.
Oder ich hätt' - wie sich's gebührt -
manchen schönen Mann entführt,
ihn auf meine Art beglückt,
einen Hexenkuss ihm aufgedrückt,
ihm dann, noch eh er erschreckt,
Konfetti in sein Hemd gesteckt.
Die wär'n gerieselt leicht und lose
bis in seine Unterhose ..."

Ach, was hätte die Berichterstatterin für einen Schabernack treiben können, wenn die Ziegelhäuser Hexen eine Maske frei gehabt hätte. Hatten sie aber nicht. So galt es: Das Kostüm "Zeitungskuh" anlegen und sich in den Narrenwurm einreihen ... Zuvor noch der erkennungsdienstliche Test: Die Kollegin aus dem Feuilleton geht auf der Neugasse grußlos vorbei. Alles klar. Dafür ruft ein Bekannter auf der Bergheimer Straße von der anderen Seite rüber: "Ach, bist Du auch wieder dabei?" ...

Wer beim Fastnachtszug teilnimmt, hat natürlich auch die Chance zur Eigenwerbung. " 100 Jahre Bäckerinnung Heidelberg" ist auf einem der Wagen zu lesen. Von da oben wird Gebackenes im Tütchen verteilt. Ziegelhausen als einziger Stadtteil mit eigenem Fastnachtszug ist auch beim Narrenwurm durch die Altstadt stark vertreten. Die Gruppe "Almrausch" (sportliche Männer mit blonder Zöpfchen-Perücke und im Dirndl) schlagen auf der Fußgängerzone sogar Rad. Eine echte Blondine flieht dagegen vor einer Hexe aus Eppingen. Doch sie hat keine Chance zu entkommen. Daran haben auch ihre jugendlichen Begleiter ihren Spaß. Eine Reporterin Von RNF kann den Hexen ( dieses Mal denen aus Ziegelhausen) ebenfalls nicht entkommen, wird am Boden liegend mit Klebeband an den Füßen gefesselt und simuliert dennoch die Live-Reportage. ...

mehr auf www.rnz.de
Von Karin Katzenberger-Ruf , RNZ vom 13.2.2002

 

Nie ohne Hoffnung leben: Ein Besuch vor dem 102. Geburtstag Gadamers

Heidelberg (dpa/lsw) - Der große Philosoph bittet um Entschuldigung: Er könne nicht aufstehen, um seinen Besuch zu begrüßen, vor wenigen Tagen sei er auf die Hüfte gefallen, nun schmerze das Bein. Hans- Georg Gadamer, der an diesem Montag 102 Jahre alt wird, sitzt in seinem kleinen Arbeitszimmer in seinem Haus in Heidelberg, das malerisch über dem Neckar liegt. Auf dem Schreibtisch ein dünner Band des französischen Sprachphilosophen Jacques Derrida, daneben Mappen voller Papier, dahinter und darunter weitere Bücher zu erahnen.

«Ich werde das hier ja bald verlassen und möchte noch einige Dinge ordnen. Das ist sehr unangenehm» - Gadamer sagt das eher beiläufig, wie eine Selbstverständlichkeit. Vor dem Bücherregal, das eine ganze Wand der Philosophenkammer einnimmt, steht eine Gehhilfe auf Rollen. Gadamer verbirgt die Mühen des Alters nicht, er klagt nicht, und Angst, so sagt er, habe er auch nicht. «Nein, es ist nur schwierig geworden», meint der Denker.

Nicht schwierig ist es, einen Termin bei einem der bedeutendsten - und gewiss dem ältesten - lebenden Philosophen in Deutschland zu bekommen. Er steht im Telefonbuch, seine Frau geht an den Apparat, und auf die sehr vorsichtige Frage, ob er überhaupt, vielleicht und kurz zu sprechen sei, sagt sie: «Das soll er doch selbst entscheiden». Und dann erklärt Gadamer persönlich dem Besucher, wo er am besten aus dem Bus steigt.

Es ist mehr als 70 Jahre her, dass der 1900 in Marburg geborene und in Breslau aufgewachsene Denker seine Laufbahn als akademischer Lehrer begann. 1929 habilitierte er sich bei Martin Heidegger mit einer Arbeit über «Platos dialektische Ethik» und arbeitete anschließend zunächst als Privatdozent in Marburg. 1949 übernahm Gadamer den Lehrstuhl von Karl Jaspers in Heidelberg, wo er bis 1968 las. An seinen Lehrer Heidegger anknüpfend, entwickelte Gadamer seine philosophische Hermeneutik, eine Lehre von Verstehen, die über die klassische Lehre der Textauslegung hinausgeht. Nur vom eigenen Deutungshorizont aus könne der Mensch ein Werk verstehen, jedes Verstehen sei ein Auslegen und Sich-selbst-Verstehen.

«Die Ausschöpfung des wahren Sinnes aber, der in einem Text oder in einer künstlerischen Schöpfung gelegen ist, kommt nicht irgendwo zum Abschluss, sondern ist in Wahrheit ein unendlicher Prozeß», schreibt Gadamer in seinem Hauptwerk «Wahrheit und Methode». Das 1960 erschienene Werk zeigt das Verstehen als die Erfahrung von Wahrheit. Gadamers Kollege Iring Fetscher erklärt das so: «Was im Verstehen geschieht, kommt zum Ausdruck, wenn wir von einem Kunstwerk 'ergriffen' werden.»

Nach seiner Emeritierung im Jahr 1968 lehrte Gadamer viel im Ausland und publizierte bis ins hohe Alter, zuletzt die Bände «Der Anfang der Philosophie» (1996) und «Der Anfang des Wissens» (1999). Doch derzeit, so sagt er, «ist meine Arbeitskraft gleich Null. Das letzte Jahr hat mich stark mitgenommen». So wünscht er sich für seinen Geburtstag weniger Rummel als zum Hundertsten, als weit über tausend Gäste nach Heidelberg kamen.

Aufgehört zu denken hat Gadamer natürlich nicht. Sorgen macht er sich um den Zustand der Schulen, auch religiöser Fanatismus beunruhigt ihn. «Doch wissen Sie, ich bin nicht so wichtig», meint er im Gespräch, er könne die Dinge auch falsch sehen. «Dass die Menschen nicht ohne Hoffnung leben können, das ist der einzige Satz, den ich ohne Einschränkung weiter verteidigen möchte», sagt der Denker mit Nachdruck.
RNZ vom 9.2.2002. Von Jochen Neumeyer

Karlstorbahnhof noch nicht gerettet

"Die Situation für den Karlstorbahnhof hat sich mit der Entscheidung von CDU und FDP, die vorgesehene Kürzung für die soziokulturellen Zentren zurückzunehmen, in keiner Weise entschärft." Rainer Kern, Vorsitzender des Karlstorbahnhofs, und Beirats-Vorsitzender Manfred Metzner wiesen gestern eindringlich darauf hin, dass der Karlstorbahnhof seine Arbeit nur fortsetzen könne, wenn der Landesetat für soziokulturelle Zentren um etwa 500 000 Euro erhöht werden würde.

Die Rücknahme der im Haushaltsentwurf des Landes geplanten Kürzung, die CDU und FDP am Mittwoch beschlossen hatten (wir berichteten gestern auf Seite l), führe "lediglich zur dramatischen Ausgangssituation zurück", so Kern und Metzner. Der Karlstorbahnhof müsse jetzt für 2002 mit einem Ausfall an Landeszuschüssen von rund 51 500 Euro im Gegensatz zu 66 500 vor der Entscheidung rechnen, sagte Rainer Kern. Zusammen mit schon 2001 gekürzten Landeszuschüssen von rund 30 000 Euro müsste der Karlstorbahnhof 2002 damit einen Fehlbetrag von rund 81 500 Euro ausgleichen, was "faktisch unmöglich ist und daher zum direkten Tod des Hauses führen wird, wenn die Stadt Heidelberg nicht eine andere Lösung findet".

Auch die Grüne Landtagsabgeordnete Theresia Bauer betont, dass der Karlstorbahnhof mit der Rücknahme der Kürzungen nicht gerettet sei. Auch ohne die Kürzung sinke die Landesförderung auf Grund von Umbaumaßnahmen in anderen Zentren von 45 auf 27 Prozent der städtischen Mittel. "Die Rücknahme ist zwar ein wichtiger Schritt", so Bauer, "mir ist aber schleierhaft, wie mein Kollege Pfisterer nun Entwarnung geben kann."

Der Heidelberger CDU-Abgeordnete Werner Pfisterer hatte am Mittwoch gesagt, mit der Rücknahme der Kürzungen sei der Spielbetrieb des Karlstorbahnhofs vorerst gewährleistet. Es habe "zwar keinen Zuschlag, aber immerhin auch keine Kürzung" gegeben, nachdem es auf seinen Antrieb hin gelungen sei, innerhalb des noch vorhandenen Spielraums im Haushalt eine Lösung zu finden.

Nach den Worten des SPD-Abgeordneten Claus Wichmann bedeutet die Rücknahme der Kürzungen lediglich ein Einfrieren der Beträge auf bisher niedrigem Niveau. Die SPD habe sich stark gemacht für eine Erhöhung der Landeszuschüsse für soziokulturelle Zentren, weil eine echte 2:l-Förderung nie gegeben gewesen sei.

Die Heidelberger FDP-Stadträtin Annette Trabold sagte, dass die FDP im Lande darauf gedrängt habe, dass es für soziokulturelle Zentren zusätzliche Mittel gegenüber dem Haushaltsentwurf gebe. Seit Dezember sei sie deshalb in Kontakt mit der FDP-Fraktion gewesen und habe sich dafür stark gemacht.

RNZ vom 25.1.2002, Peter Wiest

 

 

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