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  Winter 2002 bei Heidelberg (oben der Königstuhl)
 

 

Konstantin Wecker - Drogen und die Alkohol-Doppelmoral

„Alles ist anders und doch wie es war“ / Ein Interview mit Liedermacher Konstantin Wecker, der morgen in Mosbach gastiert – Was wir von den Kindern lernen können

Am Freitag 21.7.2005 präsentiert die Münchener Liedermacher-Legende Konstantin Wecker im Rahmen des Mosbacher Sommers sein aktuelles Programm „Am Flussufer“ im Großen Elzpark (Karten-Hotline: 06261 / 932218). Im Vorfeld stellte sich der streitbare Polit-Barde den Fragen der Rhein-Neckar-Zeitung.

Bei Konstantin Wecker fällt vielen spontan der „Willy“ ein, obwohl das Lied von ihrer LP „Genug ist nicht genug“ aus dem Jahr 1977 stammt und sie es seit Jahren nicht mehr live gesungen haben. Wie gehen sie damit um?
Ich habe zum „Willy“ mehrere erweiterte Fassungen geschrieben und diese auch in letzter Zeit immer wieder live gesungen, etwa in Berlin bei der Großdemonstration gegen den Irak-Krieg. Die Aussage des Liedes bleibt bis heute aktuell.

Sie träumten einst vom nicht mehr weiten Sommer, wollten in die Toskana ziehen und richteten sich dort auch ein Tonstudio ein. Scheiterte dieser Traum von Arkadien oder leben sie noch zeitweise unter dem hohen Himmel des Südens?
Ich hab das Haus noch, es ist das einzige, was ich wirklich besitze. Seit 20 Jahren fahre ich dort hin, heute zusammen mit der Familie. Dort stehen zwei Flügel, und ich kann Musik machen, lärmen und schreien so viel ich will, ohne irgendwelche Nachbarn zu stören.

Vor zehn Jahren wurden sie wegen Kokainbesitzes verhaftet, fünf Jahre später zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Haben die Erfahrungen rund um den Prozess auch den Sänger Konstantin Wecker verändert? Wie nehmen sie heute Stellung zur Drogenpolitik?
Ich bin viel auf psychologischen Kongressen unterwegs gewesen und hatte das Glück, mich dazu äußern zu können. Ich habe mich zur deutschen Drogenpolitik auch einige Jahre lang geäußert. Ich bin für einen offenen Umgang mit dem Thema Drogen, nicht für einen hysterischen. Aber heute, nach zehn Jahren, sind mir andere Themen wichtiger.

Wie geht der Mensch Konstantin Wecker mit dem Thema Sucht um, gerade auch im Bezug auf seine beiden Söhne?
Meine Kinder sind jetzt fünf und acht Jahre alt, da sind Drogen noch kein Thema. Allerdings wird in unserer Gesellschaft das Thema „illegale Drogen“ wahnsinnig hochgepusht, wohl um erst gar keinen Gedanken auf die Doppelmoral – nämlich den Umgang mit Alkohol – aufkommen zu lassen. Da stimmt doch was nicht, wenn ich Fußballer mit „No-Drugs-Trikots“ sehe, die sich nach dem Sieg mit Bier volllaufen lassen. Ich bin jedoch auch kein Moralist, der den Jugendlichen den Heiligen vorspielen könnte, das würde mir eh keiner abnehmen. Besser ist, ich sag zu ihnen: Schaut euch an, was ich getan habe, und entscheidet dann selbst – ohne Moralapostelei. Ein schöner Satz in diesem Zusammenhang lautet: Es gibt nur Sünder, so lange es Heilige gibt.

Vom einstigen „Bürgerschreck“ wandelte sich ihr öffentliches Image hin zu dem des Ehemanns und Familienvaters. Eine Entwicklung, wie sie typisch ist für ihre Generation?
Ich war ja schon einmal früher verheiratet, nur hat das keiner wahrgenommen. Das Image des Bürgerschrecks verpasst man sich ja nicht selbst. Ich bin jetzt seit zehn Jahren Familienvater, seither bin ich radikaler als früher. Früher war ich vielleicht genussfreudiger und leichtlebiger. Heute bin ich in gewissen Dingen ernsthafter und wütend. Was derzeit weltpolitisch geschieht, ist erschreckend und sollte den Widerstand aller denkenden Menschen hervorrufen.

Sie demonstrierten gegen die „Münchener Sicherheitskonferenz“ 2004 und reisten ein Jahr zuvor mit der Gesellschaft „Kultur des Friedens“ in den Irak. Haben sie jemals überlegt, eine Polit-Karriere einzuschlagen?
Das wurde mir zwar immer wieder angetragen, aber: nie und nimmer! Ich kann als Künstler viel mehr bewirken. Meine Möglichkeiten, in Liedern etwas zu beschreiben sind viel bunter als die der Politiker in ihren Schwarz-Weiß-Reden. Es gibt jedoch ein paar Politiker, die mir gefallen. Offene Sympathien hege ich für das Linksbündnis. Doch bleibe ich als Künstler autark und parteifrei.

Zusätzlich zu provozierenden Chansons komponierten sie in der letzten Zeit Kindermusicals, vornehmlich mit Christian Berg. Waren „Pinocchio“, „Das Dschungelbuch“ und „Jim Knopf“ mehr als eine notwendige Ergänzung ihres Einkommens als „freier Dichter“?
Das waren zwar schöne Ergänzungen meines Einkommens, aber es war nicht der Urgrund. Christian Berg hatte mich bereits vor Jahren angesprochen. Als dann „Jim Knopf“ so ungeheuer einschlug, machten wir weiter. Es ist eine riesige Freude, für Kinder zu arbeiten. Deshalb habe ich auch mit Jutta Richter die Platte „Es lebte ein Kind auf den Bäumen“ eingespielt. Überhaupt bin ich der Meinung, dass es mit der Musikbildung bei uns sehr im Argen liegt. Deshalb engagierte ich mich auch für die Münchener Kinderphilharmonie. Es ist doch wichtig, dass Kinder dem täglichen Soundbrei entfliehen können und sehen, dass man mit einer Flöte prima den Vogelgesang nachahmen kann. Kleine Kinder können an Mozart und Rossini genau so viel Freude haben wie an Rocksongs.

„Wir wollen täglich einen neuen frischen Papst“, spotteten sie 1978 in „Habemus Papam“. Eingedenk der „Papst-Manie“ der letzten Monate: Bleiben sie bei ihrer Forderung, den ganzen Vatikan zum Schleuderpreis zu verkaufen?
Oh ja! Gerade im Rahmen der vielen Vatikan-Events! Ich bleibe bei dem Text. Ich will damit aber niemanden, der wirklich religiös und spirituell ist, verärgern, er geht gegen den Machtapparat Katholische Kirche. Ich bin nach langem Kampf aus der Kirche ausgetreten, und das fiel mir als katholisch erzogenem Bayer nicht leicht. Denn es sitzt tief, wenn man dir als Kind eingetrichtert hat: „Wenn du das machst, dann kommst du in die Hölle.“ Seit meinem Kirchenaustritt ist mein Verhältnis zu Gott allerdings besser geworden, und ich habe auch schon in lutherischen Kirchen gepredigt und viele beeindruckende Pfarrer kennen gelernt. Ich bezeichne mich als spirituellen Menschen, das entspricht wohl der Grundsehnsucht des Menschen.

Sie hatten große Probleme, einen Titel für ihre neueste CD zu finden. Woran lags? Wofür steht der Titel ihres auch in Mosbach präsentierten Programms „Am Flussufer“? Was erwartet die Zuhörer?
Ein halbes Jahr lang wollt ich die Platte „Prä-Posthum“ nennen. Aber das Ganze ist dann sehr viel poetischer geworden. Der Titel wurde von einer Liedzeile inspiriert, in der es heißt, „im totgesagten Park am Flussufer stehen“, was ein schönes Symbol ist: Man hat eine gewisse Ruhe, bleibt aber im Fluss. Das Mosbacher Publikum kann alte und neue Lieder erwarten. Ich stelle Lieder von vor 25 Jahren neuen gegenüber. Das ist manchmal ein großer Unterschied und doch auch nicht so sehr. „Alles ist anders und doch wie es war“ beschreibt dies am besten. Es ist jedoch auch ein sehr witziges Programm mit viel musikalischer Improvisation. Ernsthaftigkeit und Humor wechseln einander ab. Ich nehme meine Lieder ernst, auch die pathetischen, kann aber mittlerweile auch mich selbst auf den Arm nehmen und über mich selbst lachen.

Wovon träumt Konstantin Wecker im Sommer 2005, was versteht er unter „Glück“?
Ich versuche weniger zu träumen, sondern den Traum im Jetzt zu leben. Da sein, bei dem was ich tue, so lautet eine Übung. Was ich mache, möchte ich auch wirklich tun. Einfach jetzt da zu sein ist eine hohe Kunst, die man von kleinen Kindern lernen kann.

Welche Frage wird ihnen am häufigsten gestellt – und wie lautet ihre Antwort darauf?
Von Leuten, die mich noch nie interviewt haben, kommt garantiert die Frage nach den Drogen. Wenn der Interview-Partner sympathisch ist, beantworte ich sie dann meist, mehr jedoch aus Gründen der Höflichkeit.
Peter Lahr in der Rhein-Neckar-Zeitung vom 21.7.2005, www.rnz.de


 

Magersucht - Die Droge aus dem Kopf

Sucht! Ein Fremdwort. Was habe ich mit Sucht zu tun? Ich bin nicht süchtig, woher auch? Ich hatte noch nie mit Drogen zu tun. Nein, ich habe noch nicht mal eine Zigarette probiert, geschweige denn Speed, Heroin oder Ähnliches, auch Alkohol trinke ich bestenfalls an Silvester. Ich bin nicht krank. Mein Leben ist also sicher vor Sucht, ...oder?

Vielleicht. Vielleicht vor einer gegenständlichen. Aber es gibt auch Drogen, die produziert der Kopf. Ganz legal, obwohl auch diese töten können. Sie machen süchtig, weil man mit ihnen verdrängen kann.
Auch meine Droge kam aus dem Kopf. Sie hieß nichts essen, dünn sein. Und immer, wenn ich sie "nahm", fühlte ich mich gut, war zufrieden. Deswegen merkte ich auch nicht, wie ich immer öfter nach ihr griff und ihre "Dosis" erhöhte (weniger essen, dünner sein).

Doch irgendwann kamen die ersten Probleme, mein Körper fing an zu reagieren.
Die Drogen machten ihn kaputt, machten ihn krank: Die Kräfte ließen nach, das Laufen fiel mir zunehmend schwer, nervlich war ich nicht mehr belastbar, heulte ständig und kapselte mich von allen Menschen ab.

Sarah Kaliga im
Fluter-Newsletter vom 5.1.2005,
www.fluter.de/cgi-bin/go.cgi?P-2_I-23_S-11_A-2481

 

Kreuzbund - Selbsthilfe für alkoholabhängige Menschen

Freiheit beginnt da, wo die Sucht endet
25 Jahre Kreuzbund: Gesprächsgruppen für Suchtkranke und ihre Angehörigen bietet Hilfe zur Selbsthilfe

"Freiheit beginnt, wo Sucht endet". Klaus Querbach, Hartmut Kalisch, Gerhard Vette und Roland Klotter haben das am eigenen Leib erfahren. Sie alle hingen an der Flasche und Alkohol dominierte ihr Leben. Dass die vier nun seit vielen Jahren abstinent leben, haben sie neben ihrem Durchhaltewillen auch dem Kreuzbund Heidelberg zu verdanken. Vor 25 Jahren wurde die Gruppe als eine Art Modellversuch der Diözese gegründet, jetzt wird am Samstag, 23. August, mit einem großen Fest der Geburtstag gefeiert.

Das Konzept war damals noch revolutionär. Es schien ein Wagnis, dass ehemals alkoholabhängige Menschen gemeinsam mit Angehörigen und ohne Moderator im Gespräch in der Gruppe ihre Probleme in Angriff nehmen. Doch das Rezept der Selbsthilfe hat sich bewährt. Heute gibt es vier Gruppen, darunter eine reine Frauengruppe, die sich dem Ziel "Hilfe und Kontakte auf dem Weg zu einer zufriedenen Zukunft" verschrieben haben." Regelmäßig treffen sie sich im Caritags-Haus, in der Turnerstraße 38. Der Verein arbeitet überkonfessionell und Sucht übergreifend. Willkommen ist, wer von irgend etwas abhängig ist, oder bei dem ein Angehöriger süchtig wurde.

Die Altersspanne der rund 100 Teilnehmern reicht von Mitte 20 bis Anfang 70 und quer durch die ganze Bevölkerung. "Sucht", so weiß Klaus Querbach, "macht nämlich vor keinem Alter und vor keinem Status Halt". "Die Profis sind bei uns im Hintergrund, aber nicht bei den Gesprächsabenden", erklärt Hartmut Kalisch. Eng ist die Zusammenarbeit mit Psychosozialen Beratungsstellen, dem Selbsthilfebüro oder Therapeuten. Die Kreuzbündler verstehen sich dabei nicht so sehr als Therapieplatz, denn als Nachsorgegruppe. Aber eine Gruppe, in der die Angehörigen voll integriert sind. Dass Sucht nie nur den Betroffenen betrifft, das wusste schon der Ordensbruder, der vor mehr als 100 Jahren im Ruhrgebiet den Kreuzbund ins Leben rief. Abhängige Bergleute "trocken zu legen" und ihre Familien zu unterstützen, das war sein erklärtes Ansinnen.

Klaus Querbach erinnert sich beispielsweise, wie wichtig die gemeinsamen Unternehmungen für seine Kinder waren. So bewältigten sie nicht nur den Umzug an den Neckar besser, sondern erfuhren, dass sie mit ihrem gerade dem Alkohol abschwörenden Vater nicht allein auf der Welt waren. Heute gehören gemeinsame Familienwanderungen zwar nicht mehr unbedingt zum Programm des Kreuzbundes, aber ein paar jüngere Mitstreiter könnten die Gruppen schon gebrauchen.

Denn, so weiß Hartmut Kalisch, auch die von Sucht Betroffenen werden immer jünger und ihr "Abhängigkeitscocktail" immer gefährlicher. 15-Jährige, die von Alkohol, Ecstasy und Hasch abhängig sind und zum "Runterkommen" auch noch Tabletten einwerfen, sind keine Seltenheit. Das Schlimme daran ist, dass wer schon in oder vor der Pubertät damit anfängt, im Prinzip seine ganze Jugend wegwirft. Gut möglich, dass mit Mitte 20 dann nicht nur die Gesundheit ruiniert, sondern auch der Schulabschluss vermurkst, alle Beziehungen verpfuscht und der Berufseinstieg verfehlt wurden. Als positive Entwicklung empfinden die vier Kreuzbündler aber, dass Sucht längst nicht mehr so ein Tabu ist wie vor einem Vierteljahrhundert. "Es wird früher angesprochen und es werden früher Konsequenzen gezogen", das gelte sowohl für den Arbeitsplatz wie für das Privatleben.

Es hat sich herum gesprochen, dass es der falsche Weg ist, den Abhängigen zu decken und ihm alle Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. In der Kreuzbund-Gruppe lernen die Angehörigen, dass sie selbst ebenfalls wichtig sind und ein Recht auf ein eigenes Leben haben. "Die Partner sind stellenweise schlechter dran als die Betroffenen", weiß Gerhard Vette. Er vergleicht sie mit dem Beifahrer eines tollkühnen Autofahrers, der in der Situationen gefangen ist, ohne selbst irgend etwas ausrichten zu können. Das Tröstliche für viele in der Kreuzbund-Gruppe ist, dass die anderen die Situation aus dem eigenen Erleben kennen. Das Wissen um ein gemeinsames Schicksal macht die Gruppen stark. "Man kommt sich unheimlich schnell unheimlich nah".

Info: Kontakt zum Kreuzbund gibt es unter der Telefonnummer 06224/4274 oder unter 06201/55624 sowie im Internet unter www.kreuzbund-dv-freiburg.de

Kirsten Baumbusch in www.rnz.de vom 154.8.2003

 

 

Ess-Stoerungen.net ist gefährdet

Noch spürt es nicht jeder. Aber wenn der Sparzwang so weitergeht, wird in nächster Zeit vieles dem Rotstift zum Opfer fallen, das besser bewahrt worden wäre. Und das nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen. Die Einsparungen und Streichungen auf der einen Seite ziehen nämlich oft teure Folgen auf der anderen Seite nach sich.

Das gilt beispielsweise für eine Homepage des Mädchenhauses Heidelberg, die mangels finanzieller Unterstützung jetzt gefährdet ist. Auf der Internetseite unter http://ess-stoerungen.net finden Mädchen, Frauen, aber auch Angehörige und Interessierte Information und niederschwellige Hilfe.

Bis zu 1200 Besucherinnen pro Woche hat die in Deutschland einzigartige Homepage zu verzeichnen. Viele von ihnen suchen verzweifelt Hilfe. Und viele von ihnen trauen sich dank der unverbindlichen Anonymität im Internet erstmals überhaupt, ihre Probleme einzugestehen. Per E-Mail antworten die Soziologin Susanne Gebauer und die Diplom-Pädagogin Katrin Raabe, zeigen kompetent Wege auf und vermitteln Adressen von Beratungsstellen und Therapiemöglichkeiten. Oft sind es nämlich irreale Ängste, die die Betroffenen davon abhalten, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch da können die Vertreterinnen des Mädchenhauses viele Bedenken zerstreuen.

Wichtig ist den beiden Frauen, dass sie die Betroffenen mit ihrem Leid ernst nehmen und sie ermutigen, etwas an ihrer Situation zu ändern. Neben den Magersüchtigen gibt es auch noch zahlreiche Bulimikerinnen (Ess-Brechsucht) und Ess-Süchtige, die Hilfe suchen und sich in einem Forum austauschen. Überwiegend wird die E-Mail-Beratung von jungen Frauen und Mädchen genutzt, die bereit eine Ess-Störung haben. Allerdings schreiben auch immer wieder Mädchen, die frühzeitig merken, dass die Themen Essen und Hungern zu viel Platz in ihrem Kopf einnehmen. Doch jetzt steht die Initiative vor dem Aus. Die Hoffnungen, einen Sponsor zu finden, haben sich nicht erfüllt, und für Susanne Gebauer und Katrin Raabe ist die Arbeit ehrenamtlich einfach nicht mehr zu leisten. Dabei hatten die beiden eigentlich große Pläne. Beispielsweise wäre eine wissenschaftliche Begleitung sehr wünschenswert. Da das Internet immer noch zu den neuen Medien gehört, gibt es bislang noch wenig gesicherte Erfahrungen im Bereich der E-Mail-Beratung. In dieser Hinsicht ist das Heidelberger Mädchenhaus echt zukunftsweisend.

Ein Aspekt bleibt bei all dem Sparzwang immer außer Acht: Rund ein Drittel der Mädchen in Deutschland gilt als potenziell gefährdet, an Ess-Störungen zu erkranken. Wenn nur ein Mädchen, das sich mit Ess-Störungen an die Homepage des Heidelberger Mädchenhauses gewandt hat, rechtzeitig in eine Therapie kam, wurde nicht nur viel Leid vermieden, sondern auch viel Geld gespart. Denn die Behandlungskosten in den Kliniken sind beträchtlich und die Krankheit extrem gefährlich. Die Sterblichkeitsrate liegt hoch. Fast ein Zehntel der Patientinnen im fortgeschrittenen Stadium erliegt früher oder später der Magersucht. Grund genug eigentlich, die Unterstützung als wichtige Aufgabe nicht nur für Sponsoren, sondern auch für die öffentliche Hand zu sehen. Oder sind Ess-Störungen so tabuisiert, dass sich da niemand herantraut?

INFO: Projektleiterin Katrin Raabe ist unter Telefon 06221 654914 in der Jugendagentur, Römerstraße 23 zu erreichen. E-Mails können an info@ess-stoerungen.net  geschickt werden. Spenden an: Mädchenhaus Heidelberg

Kirsten Baumbusch, RNZ vom 12.6.2003 , www.ess-stoerungen.net 

 

Sucht - Ich bin doch noch blöd

"Friederike reißt die Tüte mit den Gummibärchen auf..." So beginnt die Geschichte von der Sucht nach Süßigkeiten, die die Stuttgarter Autorin Iris Lemanczyk für ihre Lesung in der Mönchhof-Grundschule ausgewählt hat. Sie stammt aus ihrem Buch "Ich bin doch nicht blöd", das bestens in den Lehrplan passt. Schließlich sieht das baden-württembergische Bildungsministerium bislang noch vorbeugende Maßnahmen in Sachen "Suchtgefahr" vor. Die Lehrerin Elke Albrecht ging einen Schritt weiter und nahm mit dem Friedrich-Bödecker-Kreis Kontakt auf, der bereits im Jahr 1954 in Hannover gegründet wurde und sich nach dem Vorbild des gleichnamigen niedersächsischen Pädagogen für die Vermittlung von Literatur an Schulen einsetzt. Die Institution übernahm also die Finanzierung der Lesung vor zwei vierten Klassen.
Diese werden zurzeit augenscheinlich auf den Wechsel in eine höhere Schule vorbereitet. Der Schriftzug "Wiewörter nennen wir auch Adjektive" ist in dem Klassenzimmer zu lesen. Im Gespräch mit der Autorin Iris Lemanczyk zeigen sich die Schülerinnen und Schüler sehr aufgeschlossen, wissen auf deren Frage, wie viele Arten von Sucht ihnen denn bekannt seien, viele Antworten. Diese gehen weit über "Alkohol und Nikotin" hinaus. Auch Designer-Drogen und "Schnüffeln" sind den Viertklässlern durchaus ein Begriff. Ein Mädchen berichtet von Magersucht und "spaghetti-dünnen Models", ein anderes weiß, dass bestimmte Pilze Halluzinationen verursachen. Selbst die Spielsucht mit dem "Gameboy" wird als solche erkannt. Indessen weiß Elke Albrecht, dass gut ein Drittel der Zehn- bis Elfjährigen schon Mal mit Alkohol oder Nikotin in Berührung kam - manchmal mit Wissen der Eltern.
Doch damit noch mal zur Buchfigur "Friederike". Sie leidet unter der Trennung ihrer Eltern und hat sich ihr Übergewicht regelrecht "angefressen". Deshalb ist der Sportunterricht für sie zum Horror geworden. Beim Verzehr von Gummibärchen geht sie im Übrigen systematisch ran. Erst kommen die gelben - und wenn die Tüte leer ist, liegen immer noch ein paar Schokoriegel parat. Die Kurzgeschichten in dem Buch, das bereits in zweiter Auflage erschien, beschäftigen sich mit allen möglichen Variationen von Sucht.
Die Lektüre scheint zu wirken. In der Gesprächsrunde wissen die Kinder genau zu beschreiben, was Menschen in die Sucht treiben kann. Zum Beispiel Angst, Trauer oder der Mangel an Liebe und Anerkennung. Die Autorenlesung in der Mönchhof-Grundschule in Neuenheim dürfte bei den Viertklässlern jedenfalls einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben und überdies die Pläne der Landesregierung in Frage stellen, die Schule auf reine "Wissensvermittlung" reduzieren könnten. Dass Kinder auch im Computerzeitalter gerne Gedrucktes zur Hand nehmen, weiß die Lehrerin Elke Albrecht nur zu gut. Ihrer Schilderung nach war auch die Beteiligung "Schnapp Dir ein Buch" der "Stiftung Lesung" bei den Jungen und Mädchen ein voller Erfolg

Kaz in der Rhein-Neckar-Zeitung vom 4.6.2003, www.rnz.de

 

Blaues Kreuz bietet Kinderbetreuung an, wenn Eltern in Selbsthilfegruppe sind

"Die Kinder sind immer die Leidtragenden, haben das meiste durchgemacht, egal ob ein Elternteil oder beide Eltern trinken, rauchen oder ein anderes Suchtproblem haben", berichtet Ursula J. (Name ist der Red. bekannt), allein erziehende Mutter von drei Kindern und Betroffene. Dass ihre Kinder sie während ihrer Abhängigkeit deckten, nach außen hin "mitspielten", zu Freunden und Nachbarn sagten, "Mama geht es heute nicht gut", erzählt sie weiter. Eine gewisse Zeit habe das funktioniert, dann sei alles um sie herum zusammengebrochen, es ging nichts mehr.

Sie habe dann eine Therapie gemacht und sich danach der Selbsthilfegruppe beim Blauen Kreuz angeschlossen. "Für meine Kinder war es wichtig, zwischendurch mit in die Selbsthilfegruppe zu gehen, zu wissen, dass sie hier, sowohl mit den anderen Kindern als auch mit den Erwachsenen, offen über das, was sie erlebt haben, reden können, sie hier einfach verstanden werden." Zuerst hätten die Kinder sich gar nicht vorstellen können, dass alle Anwesenden Gleiches oder Ähnliches wie sie erlebt haben, hätten immer wieder nachgefragt, ob wirklich "viele der Anwesenden so krank wie ich gewesen seien". Ursula J., die sehr engagiert ist, merkte, dass diese Besuche in der Gruppe auch ihren Kindern gut tun, sie sich hier wohl fühlen. Daher ist sie eine der treibenden Kräfte, die sich seit einem guten Jahr für eine (Klein)Kindbetreuung während der Treffen der Selbsthilfegruppe einsetzt.

Dass die Konzentration der Mutter, das Einlassen auf die Gruppe ganz anders sei, wenn die Mutter weiß, dass ihr Kind in der Zeit versorgt ist, bestätigt Rüdiger Dunst, Leiter der Suchtberatungsstelle der Evangelischen Stadtmission. Nachdem sie in letzter Zeit öfter Anfragen von Alleinerziehenden, die entweder selbst betroffen oder Angehörige sind, Nachfragen zwecks Kinderbetreuung hatten, haben sie sich nun entschlossen, dies jetzt für die "Montagnachmittagsgruppe" anzubieten. Seit dem 10. März existiert das Angebot, zunächst begrenzt auf ein Jahr, für diese Selbsthilfegruppe, die sich 14-tägig trifft (nächstes Treffen: am heutigen Montag von 17 bis 19 Uhr in der Plöck 16-18). "Bei regem Zuspruch ist es sicher möglich, die Betreuung auszubauen." Malen, Musik machen, Geschichten erzählen, Märchen vorlesen, auf den Spielplatz gehen und natürlich spielen (Spenden von Spielsachen werden gerne angenommen!) möchte Ildiko Sebestyen mit den Kindern, was "natürlich in erster Linie vom Alter abhängig ist". Sie wird vor allem bei den Kindern nachfragen, was sie gerne machen möchten, und sich auf ihre Wünsche einlassen.

Es gibt um die 30 Selbsthilfegruppen im Rhein-Neckar-Kreis beim Blauen Kreuz, die meisten Gruppen sind Betroffene-/Angehörigengruppen. Es bestehen aber auch Frauen- oder Seniorengruppen an verschiedenen Tagen und zu unterschiedlichsten Zeiten. Diese Gesprächskreise werden von ausgebildeten Gruppenleitern betreut. Selbstverständlich finden auch gemeinsame Freizeitaktivitäten, wie Ausflüge oder Urlaube statt. Nähere Informationen erhalten Interessierte in der Beratungsstelle der Evangelischen Stadtmission, Plöck 16-18, oder unter Telefon 14 98 20.

Susanne Eckl-Gruß, RNZ vom 23.3.2003, www.rnz.de

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