 |
Ehrenamtliche
Hilfe Heidelberg - Volunteering Heidelberg
Interessantes aus "Die Ecke"
|
Home >Kultur
>Ecke

Die hier wiedergegeben Artikel entstammen der
Rubrik "Die Ecke" der Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ).
Vielen Dank an die RNZ für die Erlaubnis, diese hier wiedergeben zu dürfen.
©
www.rnz.de,
rnz-kontakt@t-online.de
Die 365 besten Ecken (bis
Herbst 2002) in
Buchform:
Manfred Fritz, Klaus Welzel: Die Ecke, Verkaufspreis: 12,80 Euro
In den RNZ-Geschäftsstellen und bei Schmich Druck@Medien GmbH,
Gutenbergstraße 1, 69221 Dossenheim
ab 11/2002 erhältlich
Viagra für alle
Hintergrund: Staat finanziert Persönlichkeitsrechte
Kein normaler Mensch käme auf die Idee,
zur Befriedigung seines Mobilitätsbedürfnisses bei der AOK einen
Lamborghini anzufordern. Insofern haben Sozialhilfeempfänger wie "Viagra-Kalle"
schlechte Karten mit ihren gehobenen Ansprüchen an die
Solidargemeinschaft. Bei ihnen ist vielmehr zu befürchten, dass nach
Einnahme der pharmazeutischen Stehhilfe so gut wie kein Blut mehr das
eigentliche Denkzentrum erreicht. Sonst müssten sie auf ihrem Weg durch
die Instanzen mal auf die Idee kommen, dass es zwar ein Recht auf freie
Entfaltung der Persönlichkeit gibt. Dieses aber an die persönlichen
Entfaltungsmöglichkeiten gebunden ist. Viagra für Kalle? Dann aber für
alle. Dafür erhöhen wir Merkels Kopfpauschale um einen Verkehrszuschlag,
dessen Höhe der beleidigte Seehofer bestimmen darf.
RNZ vom 17.11.2004, www.rnz.de
Wir sind das Volk
Hintergrund: Die SPD will den 3.Oktober abschaffen
Und es funktioniert doch - noch: Wir sind
das Volk! Diese historisch wertvolle Lektion der 89er-Revolution haben
die regierenden 68er nie begriffen. Sonst hätten sie die Axt nicht
ausgerechnet an den deutschen Wirsinddasvolksfeiertag gelegt. Nicht an
den. Und wenn sie zudem in ihrer grenzenlosen Schlauheit glaubten, sie
könnten die ruchlose Tat nachrichtentechnisch im frischen Jubel von
George W. Bush und dem zähen Ableben Arafats untergehen lassen, dann
haben sie sich geschnitten. Wir sind das Volk. Aber doch nicht blöd: Der
3. Oktober bleibt. Zwar möchten wir niemandem Angst machen, der sich
einsichtig zeigt. Doch jener Schlüsselsatz der deutschen Wende, der uns
den Feiertag beschert hat, kennt noch eine höchst interessante
Original-Variation: Das Volk sind wir, gehen sollt Ihr!
RNZ vom 6.11.2004
Volkswahl
Hintergrund: NPD und PDS-Gewinne in Ex-DDR, Hartz4-Montagsdemos
Unter den vielen Vorschlägen, wie man die
politische Unbotmäßigkeit der Ossis wieder in den Griff bekommen könnte
(Staatsbürgerkunde, Verbot der Super-Illu, flächendeckender
Arbeitsdienst) ist einer noch nicht aufgetaucht: Frei nach Genosse
Brecht wäre es nun an der Zeit, dass sich die Politiker, die mit ihrem
Volk unzufrieden sind, ein anderes Volk wählen. Angelehnt an einen
aktuellen Kampfbegriff könnte das heißen: Sachsen raus! Dafür fünf
Millionen Süditaliener rein. Man könnte auch Polen, Albaner oder
Mozambiker bitten. Sie wären mit der 350-Euro-Basisstütze glücklich, und
dichdch (tüchtig) wären die auch, falls es mal Arbeit geben sollte.
Apropos: Was die verbale Verständigung betrifft - zum realsächsischen
Ist-Zustand kein Unterschied. Und schon sind wir ferdsch mit dem
Problem.
RNZ vom 22.9.2004
Nach-Ruf
Hintergrund:
Vermeintlich "faule" Lehrer
Die meisten Lehrer befinden sich im
Urlaub. Aber es wäre ein Jammer, wenn die gute Nachricht für den von Lob
nicht verwöhnten Berufsstand ins Leere ginge: Denn dass Lehrer in der
Hitliste der Berufe neben den Ärzten das höchste Vertrauen genießen, ist
einen Nach-Ruf wert: Bravo! Schon schwerer verstehen kann man, warum es
dann so viele Lehrer zum freien Fall von 81 auf 6 Prozent Zuneigung
drängt - indem sie Politiker werden, getreu dem Grafen Lambsdorff: "Der
Bundestag ist mal voller und mal leerer, aber immer voller Lehrer."
Sollten sie auf diese Weise der Politik zu mehr Ansehen verhelfen
wollen, es wäre ehrenwert. Aber sinnlos. Der Abstieg könnte indes
weniger heftig und lukrativer ausfallen, wenn sie es als Manager
versuchten - 18 Prozent. Da ist noch etwas Luft zwischen sich und der
Talsohle.
www.rnz.de vom 12.8.2004
Begegnung
Hintergrund:
Folterfotos der US-Army im Irak veröffentlicht
Wir haben gestern in Heidelberg einen Amerikaner
gesehen. In Uniform. An sich etwas total Normales. Aber der erste
Gedanke war nicht: Gefällt ihm unsere Stadt? Sondern: Könnte man sich
diesen Mann als Aufseher in unserem berühmten Gefängnis Abu Pelz
vorstellen?
Sorry, aber die Gedanken sind frei.
Sie machen, so ganz ohne Folter, einfach was sie wollen. Unser GI, ein
sympathischer Kerl, der nicht aussah, als könne er einer Fliege nur ein
Flügelchen ausreißen, war völlig harmlos. Dafür legen wir die Hand ins
Feuer. Hätten wir bei den anderen, die uns jetzt von den Fotos mit den
kunstvoll aufgeschichteten Gefangenen angrinsen, auch getan, wenn sie in
Heidelberg an uns vorbeigeschlendert wären. Bedenkenlos. Wäre wohl ein
Fall für die Ludwigshafener Spezialklinik für Brandverletzungen
geworden.
www.rnz.de vom 11.5.2004
In Begleitung
Hintergrund: In Niedersachsen ist
Pkw-Fahren ab 17 in Begleitung Erwachsener erlaubt
Eltern sollten ihre Kinder an die
Herausforderungen des Lebens heranführen. Das begleitete Fahren ab 17
ist da ein guter Anfang. Und auch das Schusswaffengesetz bedarf keiner
Änderung. Begleitetes Schießen ab 12 genügt voll-auf, sonst heben sich
die Kleinen an den Ballermännern noch einen Bruch. Doch auch andere
Erfahrungen könnte der Nachwuchs unter Aufsicht von Mama oder Papa
machen. Begleitetes Trinken und Rauchen ab 14 etwa wäre eine gute Schule
für spätere Discoabende. Und wenn der Sohnemann dann betrunken nach
Hause kommt, kann der Vater stolz erklären: "Das hat er von mir
gelernt!" Eher störend würde sich die elterliche Begleitung dagegen auf
die ersten Kontakte mit dem anderen Geschlecht auswirken. Hier bleibt
die theoretische Vorbereitung das Maß aller Dinge.
www.rnz.de vom 21.4.2004
Ganz schwarz
Hintergrund:
Schwarzarbeit soll kontrolliert, registriert und abkassiert werden
Der Staat, der seinen Dienern ein
Auskommen sichern, Eurofighter kaufen oder Maut-Brücken als Denkmäler
des Fortschritts aufstellen muss, kann sich das nicht mehr leisten. Dass
wir, Bürger und vor allem Bürgerinnen, heimlich, im Schutz der
Privatwohnung arbeiten & arbeiten lassen, ohne was abzuführen. Schämen
wir uns. Aber das reicht nicht. Daher kann man den rot-grünen
Arbeitswächtern nur beipflichten: Schwarzarbeiter ins Loch! Zum Beispiel
Millionen Hausfrauen und Hausmänner, die keinen Cent von ihrer
Wertschöpfung abführen. Ganz schwarz sehen wir für die schwäbische
Kehrwoche. Und was fehlt, damit das System funktioniert, ist das
schwarze Telefon, mit dem jeder beobachtete Fall von Schwarzarbeit
anonym bei Eichels schwarzen Sheriffs gemeldet werden kann. Kommt
bestimmt bald.
www.rnz.de vom 14.1.2004
Die tun was
Hintergrund: Florian
Gerster hat einen PS-Millionenauftrag vergeben
Ob sich die Menschen in 100 Jahren noch
erinnern werden, dass ein gewisser Florian G. in seiner Blitz-Amtszeit
die Bundesanstalt für Arbeit in Bundesagentur für Arbeit umbenannt hat?
Klar, man wollte nicht mit der Blindenanstalt oder der Irrenanstalt im
gleichen Atemzug gedacht werden. Obwohl: Die "Anstalt" kommt von
anstellen, einstellen, auch aufschieben. Bis auf "einstellen" passt das
alles zum Nürnberger Anstaltsprofil. Man macht Anstalten, man trifft
Anstalten. Demnächst trifft man eben nur noch Agenturen. Oder Agencys,
sprich: Eitschensies. Was sagen will: Die tun was. Agentur kommt vom lat.
agere: tun, treiben, bewegen. Siehe auch: Mens agitat molem. Der Geist
bewegt die (Arbeitslosen-)Massen. Denkste. Im Moment bewegt er nur
Beratungsmillionen. Und Zigtausend neue Türschilder.
www.rnz.de vom 4.12.2003
Bohlen for President
Hintergrund: Bohlen
hat sich auf den Presseball eingeschlichen und den anderen die Schau
gestohlen
Dass Dieter Bohlen einen
Bundespräsidenten (Rau) vom Bundestagspräsidenten (Thierse)
unterscheiden könnte - nein dafür wird der Werbeträger weder vom
Springer-Konzern ("Bild") noch vom Steuerflüchtling Müller (Milch)
bezahlt. Insofern ist es schon putzig, wie sich das singende Nordlicht
beim Bundespresseball bemühte, für Thomas Gottschalk und dessen Rede am
Nikolaustag vor dem Bundestag Stimmung zu machen. Wir vermuten mal, dass
Bohlen sein Küken Kübelböck als Saaldiener andiente. Gesponsert werden
könnte die Gottschalk-Rede von Boris Becker, der ja dringend Werbung für
seine Ladenhüter "Augenblick, verweile doch ..." brauchen könnte. Und
Bohlen bindet sich einen Bart um, und spielt den Nikolaus. Oder:
Vielleicht doch lieber den Thierse. Damit die Form gewahrt bleibt.
RNZ vom
18.11.2003
Tor, Tor, Tor, Tor - Hemlut ran am
15.8.2003 gestorben
Von, besser gesagt, über Helmut "Boss"
Rahn sind vor allem vier Worte bekannt: "Tor, Tor, Tor, Tor". Und die
fielen am Abend des 4. Juli 1954 in der Schweiz als der "Held von Bern"
das 3:2 gegen Ungarn schoss. Als Rundfunkübertragung gingen die vier
Worte zwar nicht um die Welt, aber ins benachbarte Deutschland und
machten aus dem Weltkriegsverlierer eine Fußball-Nation. Das ist lange
her und ob der aktuellen Fußballeskapaden vom "Kaiser-"Baby bis zu "Effes"
Tagebüchern hatte man vergessen, dass es auch einmal sympathische Helden
gab. Dass es eine Zeit gab, als der Ball wirklich rund und die Gagen
deutlich diesseits der Millionengrenze angesiedelt waren. Und als ein
Spielausgang noch die Kraft dazu hatte als "Wunder von Bern" in die
deutsche Geschichte einzugehen. Danke, "Boss"
15.8.2003, www.rnz.de
Chez Dr. Schmitt -
Gesundheitssystemreformgespräche mit Ulla Schmidt/SPD und Seehofer/CDU
Wieder zu kurz gedacht: Zehn Euro für einen Stehplatz in der überfüllten
Arztpraxis. Das soll Kosten senken? Das lässt nur den Blutdruck steigen.
Wir wünschen uns die Reform-Praxis als Wohlfühl-Center mit
Erlebnis-Gastronomie und Event-Charakter: Empfang durch die
Fach-Hostess, die in die Lounge, aber doch nicht ins Wartezimmer( !!)
bittet. Mit dem vollen Verwöhn-Klima: von Kaffee über Bier vom Fass bis
zur Friedman-Prise. Bei 150% Selbstbeteiligung, klar. Nach der Urin- und
Blutprobe wird Brunch serviert. Man kam ja nüchtern. Die
postdiagnostische Leichenblässe beseitigt eine Turbo-Sonnenbank. Und was
sollen diese lächerlichen Arztschildchen 30 x 40 vor der Tür. Mehr
Marketing: Chez Dr. Schmitt - Dr. Müllers Pharma-Bar, Dr. Maiers
Health-Center - in Pink. Neon, wandhoch und leuchtend.
26.7.2003
Postromantik
- seit 3 Wochen um die 30 Grad warmes
Wetter
Heidelberg ist, oder war, die Stadt des
galanten Vorspiels. Das machte sie als Kapitale der Romantik so berühmt.
Was immer dazu beigetragen haben mag, die Kneipen mit der großzügigen
Außenbestuhlung oder die Großherzigkeit der Zimmerwirtinnen, früher
schlug sich das als kühne Poesie oder voreheliche Geburtenrate nieder.
Jeder Verheiratete weiß natürlich, dass die Wirklichkeit dem ersten
romantischen Anschein nicht immer standhält. Aber das den Frühverliebten
zu vermitteln ist unmöglich. War noch nie erfolgversprechend. Der
Befund, dass Jugendliche heute schnell zur Sache kommen, folgt dem Satz:
Gelegenheit macht Liebe. Gelegentlich auch Aids. Dieser postmoderne
Nonkondomismus ist eng verwandt mit dem russischen Roulette. Daran sei
in diesen lauen Tagen mal wieder erinnert.
30.6.2003
Modell Ost
- Zum Streik in den Neuen Ländern
Das waren noch Zeiten, als in der DDR der
LPG-Melker des Tages ans schwarze Brett gehängt oder die Verkäuferin der
Woche plakatiert wurde. Wir im Westen hatten jenes System nie so richtig
verstanden, in dem es die meisten Helden der Arbeit, null
Arbeitslosigkeit und die wenigste real existierende Arbeit gab.
Nach über zehn Jahren ergebnislosen Bemühens, den Kapitalismus dort zu
etablieren, sollte deshalb der Versuch unterstützt werden, die alten
Verhältnisse wiederherzustellen. Irgendwann, Menschenskind, muss es doch
mal klappen mit dem Arbeiter- und Bauernparadies.
Dieses historische Experiment sollte uns
auch die Verstetigung des Soli bis zum Jahr 2090 wert sein. Und die
Arbeit, die drüben wegfällt, können wir im Westen selbst gut gebrauchen.
Das bleibt aber unter uns. Weiter so, Genossen!
Die Ecke, www.rnz.de vom 26.6.2003
Gartenglück
- Seit 4 Wochen sonniges Wetter,
Iraq-Krieg zu Ende
Warum der Garten und nicht der Fußballplatz als Ort des vollkommenen
Glücks gilt, erschließt sich nur dem, der so ein Ministück Eden
bewirtschaftet. Denn ein Garten als Modell natürlicher Möglichkeiten und
Risiken lehrt uns eine eher rare Tugend: Demut - aus der Glück erwächst.
Heute noch Sonne, morgen schon Klein-Antarktis. Mal zu nass, mal zu
trocken. Oder Schnecken und Mäuse fallen ein wie die Amis in Bagdad. Der
lat. "hortus", dem die soeben erfrorene Hortensie den Namen verdankt,
beschreibt die Spannweite des Begriffs: Hof, Hort und - Zaun. Ergo: Nur
was sich einzäunen lässt, ist Garten. Nur dort vollzieht sich, was der
schöne Satz beschreibt: Indem sich die Rose schmückt, schmückt sie den
Garten. Und damit natürlich auch den Gärtner. Der Nachbar hinterm
Jägerzaun sieht nämlich alles.
RNZ vom 17.4.2003
Gesucht -
Sparkurs aufgrund Steuermindereinnahmen in Milliardenhöhe
Alle Kleinrentner, die gerade einen Wintermantel bei der
Rot-Kreuz-Kleidersammlung beantragt haben, mal wegsehen: Führungskräfte
gesucht; Voraussetzungen: keine besonderen. Kenntnisse der deutschen
Sprache i. W. u. Schr. erwünscht. Geboten werden leistungsunabhängige
Vergütung n. AbgDiäG/0815 mit jährl. Anpassung, Dienstwagen, Spesen,
freie Beförderung zu Wasser, zu Lande und in der Luft - incl.
Bonusmeilen. Attraktive Aufstiegsmöglichkeiten zum Minister,
Staatssekretär. Umfassende Alterssicherung, Modell Self-Service, d. h.:
Vollrente mit 55 nach Kurzanwartschaft von drei Jahren; dynamische
Steigerung gesetzlich gesichert. - Ein solches Stellenangebot liest man
natürlich nirgends. Weil es immer genügend Bewerber gibt. Sagte da
jemand was von Politikverdrossenheit? Aber nicht bei den Politikern!
RNZ vom 17.11.2002
Zur Strafe
- Bush und Schröder mögen sich nicht
Niemand sollte meinen, dass in der großen
Politik kleine Schwächen keine Rolle spielten. Wenn der beleidigte
George Doppel-V Bush unseren Kanzler nicht sehen will, während er
reihenweise Potentaten aus Zwergstaaten empfängt, dann ist das so ein
Fall. Nun kann man sich fragen, was die beiden vorher Intimes
austauschten - ohne Dolmetscher. Denn von Schröder sind Kenntnisse in
Englisch genauso wenig überliefert wie von Bush solche in Deutsch. Von
H. Kohl weiß man immerhin, dass er Bush - und zwar dem Vater- astrein
das Du angetragen hat: You can say you to me. Duzfreunde sind
George jr. und Gerd längst. Was könnten sie sich, falls sie sich je
treffen, noch zuraunen, damit jeder jeden versteht? Fuck you, zum
Beispiel. In Texas, wo Bush herkommt, eine gängige Sympathiebekundung.
5.11.2002
Gib dem Kaiser
- Boris Becker erhält "nur"
Bewährungsstrafe wegen Steuerhinterziehung
Von den 70 000 steuerrechtlichen Vorschriften, mit denen dieser Staat
die Bereitschaft seiner Bürger zum Teilen fördert, will Hans Eichel
jetzt 20 000 abbauen. Hat er gesagt. Gemessen an der biblischen
Grundvorschrift in Steuersachen: "Gib dem Kaiser, was des Kaisers ist",
sind es immer noch 49 999 mehr. Und 49000 zu viel. Das hat die Richterin
wohl auch dem Schein-Monegassen Boris zugute gehalten. Außerdem war der
Angeklagte bestens beraten, nach dem anderen Bibelwort vorzugehen: Im
Steuerhimmel ist mehr Freude über einen reuigen Sünder, als über
Millionen Selbst-gerechte, die zu ihrem abzugsfähigen häuslichen
Arbeitszimmer regelmäßig die Besenkammer dazurechnen. Apropos
Besenkammer - nein, lassen wir das. Hauptsache frei. Der Unterschied zu
lediglich steuerfrei ist beträchtlich.
25.10.2002
Virologisch
- Neuer Computervirus unterwegs
Der Herbst ist Seuchenzeit. Leider
fruchten die Ermahnungen, rechtzeitig anti-viral tätig zu werden, wenig.
Denn selber geht man ja von der statistischen Unwahrscheinlichkeit aus.
Danach trifft es maximal jeden Zehnten. So viel Gottvertrauen ist
bewundernswert. Ein Missverständnis gilt es aber vorab zu klären: Alles
Hausmittel nützen im Fall eines Falles nichts: feuchte kalte Umschläge -
lebensgefährlich! Heiße Kartoffelsäckchen - absolut sinnlos. Frisch
gepresste Zitrone - bloß nicht. Viel frische Luft - ohne jede Wirkung.
Wenn so ein Virus nämlich mal via Internet oder E-Mail die Festplatte
des PC angefallen hat, hilft nur noch ein entschlossener Neuanfang mit
erheblichem digitalem Gedächtnisverlust. Übrigens, der neueste hört auf
den Namen
"BugBear". Aber das nützt auch nichts, wenn
man ihn schon hat.
14.10.2002
Venedig hat Zukunft
- Regenwetter im August
Die Menschen brauchen gerade für schwierige Phänomene einfache
Erklärungen. Zum Beispiel: Die Klima-Expertisen, die den Wetteruntergang
prophezeien, bleiben wirkungslos. Zu kompliziert. Dabei wäre es so
einfach: Die Klimasensiblen sind bei uns eigentlich die Frauen. Denn sie
blicken, aus Sorge um die Brut, als Einzige über den feuchten
Kellerrand. Der Mann hingegen, vom Sammler über den Jäger zum Techniker
mutiert, kauft die Autos. Je stärker, je lieber. CO2-Vermeidung? Wegen
dem bisschen! Die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Was ist zu tun? Entweder
wir ziehen alle nach Venedig, der Stadt der Zukunft. Ohne Auto. Oder der
Spieltrieb der Männer wird auf den Bootsbau gelenkt. Bei Noah haben auch
alle gelacht, als er im Vorgarten die Arche baute. Bis ihnen das Wasser
im Mund stand..
RNZ vom 10.8.
Unser Tägliches
- Brotverbrauch in Deutschland gestiegen
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, nach
einer Weile braucht er auch einen Drink. Stammt von Woody Allen. Aber
der lebt in der Brotwüste Amerika. Für uns hat sich hingegen die Bitte
aus dem Vaterunser reichlich erfüllt: Unser tägliches Brot besteht aus 4
Scheiben und 1 Brötchen - 85,3 Kilo pro Jahr. Der Brotkorb hängt,
verglichen mit den europäischen Mitessern, ganz unten. Und er enthält
300 Sorten - fast so viele, wie es in Frankreich Käse gibt. Apropos: Man
isst nicht Brot zu Käse, sondern Käse zu Brot, sagt unser Sprichwort und
markiert so die Grenze zwischen der Brotzone und dem Käsereich. Einer
von dort soll das vorletzte Wort haben: Ein Dessert ohne Käse ist wie
eine schöne Frau, der ein Auge fehlt (Savarin). So kann nur ein Franzose
sehen. Es lebe der Käse! Auch jener, der den Mund verlässt.
RNZ vom 7.8.2002
Viel heiß - Wahlkampf im Juli
Überall ein wenig tote Hose. Aber nicht für Franz Müntefering. Der haut
den Nachbrenner rein: heißer Wahlkampf mit Frühzündung. Als Erstes
müssen die hässlichen Zahlen weg. Die werden abgefackelt - verbrannte
demoskopische Erde. Das gibt die richtige Oberhitze. Denn die Charts
erinnern an die Stimmung im Börsensaal. Und wo das endet, hat man bei
Ron Sommer gesehen. Langsam wird auch Stoiber unheimlich: Der geht wie
Blücher an den Wähler, bis zur Körperverletzung - an der Torwand. Und
spielt den Schaffner ausgerechnet auf der Harzbahn! Ein Abstoiber ist
das. Doch jetzt gibt's Zunder. Und den hottesten Schröder, den wir je
sahen. Man kann nur hoffen, dass die Heißluftbrücke, über die er zum
verstörten Wähler gehen soll, nicht unter Hagel und Schauern gleich
wieder zusammenbricht.
RNZ vom 31.7.2002
Der Zugriff
- SSV
Die klügste aller Ehefrauen war natürlich schon beim
Sommerschlussverkauf. Aber was heißt da Verkauf. Nachgeworfen habe man
ihr die Sachen. Drei Tüten voll. Kurz, sie habe gar nicht anders
gekonnt. Ein Fall von Nötigung. Mindestens von Verführung Erwachsener
mit erheblicher Kauffolge. Aber schon mal was vom
subtraktiven Euro-Doppler-Effekt
gehört? Die Hälfte von der Hälfte = ein Schnäppchen. In Mark umgerechnet
ist es dann wieder keines mehr. Doch wer will das hören. Als Mann steht
man ohnehin so deplatziert am Wühltisch wie ein Fahrrad in der
Boxengasse vom Hockenheimring. Wird herumgeschoben. Und ab und zu
fingert jemand, der die Gebräuche nicht kennt, im Bereich des längst
verschwitzten Hemdkragens nach einem Preisschild. Sehn wir aus wie ein
Sonderangebot? Nix wie raus hier.
RNZ vom 31.7.2002
Kopfweh -
Schuhmacher siegt am Hockenheimring
Na endlich. Jetzt haben wir dem Schumi
schon den Hockenheim-Parcours so umgebaut, dass auch er mal darauf siegt
- und schon spricht der rote Raser vom "Schönsten, was Gott einem geben
kann". Obwohl sich nach diesem Lob die Nürburgringer natürlich eindosen
lassen können, fielen uns da noch ein paar andere Sachen ein, die uns
Gott gewähren könnte: z. B. prominente Sportler, die ihre Steuern in
Deutschland zahlen. Nun denn - schön war's auch so. Leider konnten ja
nicht alle in Rot gewandeten "Ferraristi" aufgrund des hohen
Alkoholkonsums den Sieg bewusst mitfeiern. Aber die paar, die den
"Einlauf" in die Zielgerade nüchtern erlebten, waren begeistert (zumeist
handelt es sich hier um berufsbedingt Anwesende wie Sportjournalisten).
Den anderen brummt wohl heute noch der Kopf.
RNZ vom 29.7.2002

Zeit-Raffer -
ICE-Strecke Köln-Frankfurt
eingeweiht
Wie viel Zeit kann man für sechs
Milliarden Euro kaufen? 59 Minuten. Das heißt, 12 Euro
High-Speed-Zuschlag kommen auf der neuen
Strecke zwischen Köln und Mainhattan
zum Ticket noch dazu. Macht 51 Euro. Für stolze 76 statt 135 Minuten.
Eindrucksvoll, nicht wahr? Und schnell: 300 km/h. Damit kann die Bahn
sogar der Formel 1 Paroli bieten, nicht nur dem Flieger. Ihre Güterzüge
dürfen dafür fast allein auf der malerischen Rheintalstrecke fahren:
Benzintank meets Loreley. Darüber sollte Walser mal was machen: Tod
eines Klassikers. Von Einstein wissen wir, dass sogar die Uhren
langsamer gehen, je schneller man sich im Raum bewegt. Das freut den
modernen Zeit-Raffer. Und was macht er mit seinem Zeitguthaben?
Verzinsen tut ihm das ja keiner. Er muss es schon selber totschlagen.
Genial.
RNZ vom
27.7.2002

Wir Schweine?
- Futtermittelskandal
Das Schwein ist mit dem Menschen nicht nur biologisch eng
verwandt. Umgangssprachlich wird manchmal auch der sichtbare Unterschied
wegdefiniert. Etwa im Liedgut: "Männer sind Schweine!" Vielleicht hat jener
Futter- und Zuckersiruphersteller in Belgien häufiger in den Spiegel geschaut,
als uns gut tut. Mit der Folge, dass Mensch und Schwein gemeinsam hormonell
zwangsernährt werden. Was nebenwirksam leider den Sexualtrieb flachlegt. Beim
Schwein wirkt es sich so aus, dass sein Schnitzel als Wasserdampf aus der Pfanne
flüchtet. Für die Pharmafia eine tolle Sache. Wenn wir Menschen dank
Turbo-Schnitzel und Entspannungs-Brause quasi das Schlachtgewicht überschreiten,
boomt immerhin die Fitness-Industrie - und das Geschäft mit Viagra. Ökonomisch
ein perfekter Schweine-Zyklus
RNZ vom
11.7.2002

Bestandskeulung
-
Schweinepest
Zu unserem Glück haben Tiere keine, oder nur eingeschränkte
Verantwortung gegenüber uns Menschen. Sonst würden sich derzeit Szenen
abspielen, die wir nicht einmal albträumen möchten. In der Familie X ist nämlich
ein Verdachtsfall aufgetreten. Die Anzeichen bei der Oma sind eindeutig:
triefende Nase, Schwerhörigkeit, schleppender Gang. Symptome, die alarmieren.
Die sofortige Keulung und Verbrennung des gesamten Bestandes, einschließlich
aller Kontaktpersonen im Mehrfamilienhaus gar keine Frage. Denn jede Gefahr
einer weiteren Ansteckung muss ums Verrecken verhindert werden. Die
Speichelproben werden post mortem ins Referenzlabor nach Tübingen geschickt.
Auch wenn sich der Verdacht später als harmlose Pollenallergie herausstellen
sollte, beim modernen Seuchenexorzismus kennen wir keine Halbheiten.
König Kunde
-
Rabattgesetz
Was hat das neue Rabattgesetz, das gestern im Bundestag
verhandelt wurde, mit den bonbonfarbenen Hüten von Queen Elizabeth zu tun? Auf
den ersten Blick nichts. Aber halten Sie es für wahrscheinlich, dass Elizabeth,
wenn sie ihre unmöglichen Kopfdeckel kauft, mit der Schneiderin um ein paar
Pence feilscht? Sehen Sie, hier entpuppt sich die Floskel vom Kunden, der ein
"König" sei, als Worthülse. Mit dem neuen Bazargesetz, das dem
Urmenschlichen Trachten folgt, mehr zu nehmen als zu geben, lässt dieser
Euphemismus vollends seine Hosen herunter. Damit werden Kunden nicht in den Königsstand
erhoben, sondern in eine Schublade mit Freibeutern, Erpressern oder gierigen
Schnäppchenjägern gesteckt. Nicht mit uns. Übrigens: Nur die Kunden können Könige
sein, die sich wie Könige benehmen (Erhard Blanck). Siehe oben.

Frauen
Frauen wird es immer ein Rätsel sein, weshalb sich
ausgerechnet ihr Mann im Supermarkt in die längste Schlange einreiht. Dass
Männer ausschließlich in der Lage sind, Rasierschaum, Batterien und 20
Mozzarella im Sonderangebot zu kaufen, steht auf einem ganz anderen Blatt und
keinesfalls auf dem vom Weibe geschriebenen Einkaufszettel. Versteht sich, dass
ein Mann ohne selbigen überhaupt nicht in der Lage ist, ein
Lebensmittelgeschäft zu betreten, geschweige denn dort Sinnvolles zu erledigen.
Bietet der Gatte also seine Einkaufsdienste beim morgendlichen Frühstück
freiwillig an, wird ihm entweder ein Flirt mit der Kassiererin oder die Absicht
unterstellt, sich vor der Hausarbeit drücken zu wollen. Kurzum: Männer sind
arm dran, sobald sie in weibliche Domänen eindringen. Mädels, so wird das nie
was mit der Emanzipation.
RNZ

Cool
Rausch ist "cool". Die Hasch-Tüte zu Hause, das Bier in der
Kneipe, die Pille in der Disco. Spätestens seit Filmhits wie "Trainspotting"
wissen die "Kids": Drogen machen kaputt. Einerseits. Andererseits sind
die Leute; die sie nehmen, ziemlich "hip". Für Ältere seltsam: Nach
der Logik der Spaßgesellschaft stimmt das sogar. Heroin zum Beispiel ist
"out", Abhängige gelten als Verlierer. Selbst die Zahl der
Drogentoten ist ja vor allem gestiegen, weil viele Aussiedler dabei sind, die
ihren Platz in der Gesellschaft nicht gefunden haben. Ganz anders die
Partyjugend: Sie weiß, wo sie hingehen kann. Sie hat auch das Geld, es ihren
Idolen nachzumachen.
Verantwortung ist "uncool". Für viele Jugendliche. Schwieriger könnte
die Lage nach dem Drogenbericht kaum sein. Spaßgesellschaft die
Drogenbeauftragte weiß, wo der Schuh drückt. Aber was tun? Verbote? Deren
Abschreckung, siehe Cannabis, ist begrenzt. Mit der libertären Politik von
Rot-Grün würde sich das ohnehin beißen. Mehr Aufklärung? Ja! Leider aber
wird die oft belächelt. Denn bei aller Unsicherheit eines gilt für Altere und
Politiker: Der erhobene Zeigefinger über die böse Spaßkultur nützt nichts.
Wird zu viel gejammert, wollen viele einfach noch mehr "Spaß".
Alle wollen "cool" sein. Gestylte Politiker in TV-Shows,
Jugendtrends in der Werbung, Unterhaltung in den Medien ganz oben. Es ist so:
Wir alle leben die Spaßgesellschaft vor. Und tragen doch die Verantwortung für
unsere Kinder.
RNZ

eMail-Müll
Wahrscheinlich haben die meisten noch nie von Ray Tomlin
gehört. Der Amerikaner hat vor 30 Jahren das @ erfunden, sprich: ät. Und damit
die E-Mail. Das ist kein Klacks. In diesem Jahr werden an die fünf Billionen
E-Briefe ihre Empfänger suchen. Wobei man "Brief" großzügig auslegen sollte.
Denn die Grenzen zwischen E-Mail und E-Müll sind fließend. Dagegen hilft nur
konsequente Mülltrennung. Was nicht graue und gelbe Eimer, sondern so genannte
Software-Filter erledigen, die ungebetene Mails ungelesen ins digitale Nirwana
schicken. Sie konkurrieren allerdings mit unserer altmodischen Brain-ware: der
Neugier. Der Computer löst diesbezüglich die Probleme, die man ohne ihn nicht
gehabt hätte. Machen wir uns also an den digitalen Müllberg. Könnte ja was
Wichtiges dabei sein ...
RNZ

© by www.hilfe-HD.de, Tel 0170/2780384,
Update: 12.04.07 |